Von Jürg Keller, Rheinfelden
Natürlich mag man es jedem Preisträger gönnen, wenn er eine Auszeichnung erhält. Bei Durchsicht der verteilten Broschüre stellt sich aber von selbst die Frage: Ist der Jubel dieses Büchlein wert?
Im Begleitschreiben steht, Rheinfelden würde jetzt also das vom Bundesrat vorgegeben Ziel, 2050 klimaneutral («netto-null») zu sein, erreichen. Hier die Frage: Ist dieses Ziel nur eine Empfehlung oder doch eine klare Verpflichtung? Ich erhalte auch keine Medaille, wenn ich jährlich meine Steuern fristgerecht bezahle, aber wenn ich nicht bezahle, einen sehr deutlichen Brief – mit Androhung von Konsequenzen. Mit dieser Broschüre wird also eine Pflicht gelobt, als würde sie freiwillig erbracht.
Das schöne Waldbild auf dem Titelblatt lässt Ungutes ahnen, aber die Liste des sich bei der Energiezukunft Rheinfeldens engagierenden Mitglieder des Gewerbeverbandes verwundert noch mehr: Gekrönt wird die Liste von der Basellandschaftlichen (!) Kantonalbank – andere in Rheinfelden tätigen Banken fehlen, wie auch andere bekannten Betriebe. Eine allgemeine Klimaunterstützung des Gewerbes lässt sich jedenfalls nicht aus der Liste herleiten.
Und dann zu den bebilderten Beispielen: Eigentlich kennen wir sie alle schon zur Genüge: Reparieren statt fortwerfen, Shrimps von Rheinfelden statt aus Norwegen, Feldschlösschen-Bier mit Hilfe von Solarstrom statt aus dem Netz, Wärmepumpen statt Öl- oder Gasheizungen, eine neue Turnhalle mit Solarpanelen, Lebensmittel verschenken statt verschwenden – und zuletzt: die Wärme aus Holzschnitzeln statt aus Gasheizungen.
Das musste ja kommen, obwohl die Verbrennung von Holz fast das Doppelte an CO2 freisetzt wie beispielsweise Gas. Holz ist ein CO2-Speicher wie Gas, Erdöl oder Kohle (alle aus Biomasse hervorgegangen). Als Bauholz kann dieser Speicher bis zu einem Jahrtausend erhalten bleiben (das älteste Holzhaus der Schweiz ist bald 800 Jahre alt!). Klimataugliche Fortstwirtschaft setzt folglich auf Bauholz, nicht auf Energieholz. Die Holzschnitzel bringen aber Geld in die Ortsbürgerkassen – was der eigentliche Grund für die Unschuldsbehauptung der Holzverbrennung sein dürfte.
Am Beispiel der Altpapiersammlung kann einfach gezeigt, wie es mit der «„Biomasse Holz» klimarichtig funktioniert: Papier ist wesentlich Holz, und weil man zu diesem Sorge tragen will, verbrennt man es nicht, sondern sammelt es, führt es dann einer neuen Verwendung zu, und behält damit den CO2-Speicher intakt. Was also Jugendgruppen periodisch in Rheinfelden als Altpapierbündel einsammeln, ist nichts anderes als Verbrennungsvermeidung und damit Erhalt des im Papier-Holz gespeicherten Kohlendioxids. Warum dieses schon seit Jahrzehnten sichtbare Vorbild in der hiesigen Waldwirtschaft keine Nachahmung fand, gehört zu unsern vielen politischen Rätseln ohne Lösung. Ein Volltreffer ist die Broschüre aber sicher nicht, man kann nur hoffen, dass sie möglichst vollständig rezykliert wird.