(fi) Emanuel Suter, SVP, Gipf-Oberfrick (Sprecher), Christoph Riner, SVP, Zeihen, und Uriel Seibert, EVP, Schöftland, haben heute im Grossen Rat eine Motion betreffend Begrenzung von Strafbefehls- und Anklagegebühren eingereicht. Die Gebühren sollen in einem vernünftigen Verhältnis zur ausgesprochenen Busse stehen und diese nicht durch eine Unverhältnismässigkeit in den Hintergrund drängen.
In ihrem Vorstoss fordern die Motionäre den Regierungsrat auf, das Verfahrenskostendekret des Kantons Aargau dahingehend zu ergänzen, dass in Verfahren, die ausschliesslich zu einer Busse führen, die Strafbefehlsgebühr in der Regel maximal zwei Drittel der Busse bzw. die Anklagegebühr der Staatsanwaltschaft in der Regel maximal vier Fünftel der Busse betragen dürfen.
Vorab gelte es klarzustellen, dass die vorliegende Motion einzig auf geringfügige Delikte, welche zu einer Busse von wenigen hundert Franken führten, gerichtet sei und bei schwereren Delikten nicht greife, da diese mit höheren Bussen, Geld- oder gar Freiheitsstrafen geahndet würden, schreiben die drei Grossräte einleitend in ihrer Begründung.
Delikte, die nicht mehr mit einer Ordnungsbusse (im Ordnungsbussenverfahren) abgehandelt werden könnten, für die jedoch noch eine Busse, eine Geldstrafe von höchstens 180 Tagessätzen oder eine Freiheitsstrafe von höchstens sechs Monaten als ausreichend erachtet werde, mündeten in einem Strafbefehl. Das klassische Beispiel dafür seien Geschwindigkeitsüberschreitungen, zum Beispiel innerorts ab 16 km/h, ausserorts ab 21 km/h, ungenügend gesicherte Ladungen oder leichte Verkehrsunfälle mit Sachschaden. Solche Delikte würden mit Bussen von wenigen hundert Schweizer Franken mittels
Strafbefehls abgehandelt. Wer mit dem Strafbefehl nicht einverstanden sei, könne Einsprache dagegen erheben. Dies führe meist dazu, dass die Staatsanwaltschaft Anklage erhebe bzw. den Strafbefehl als Anklageschrift beim zuständigen Bezirksgericht einreiche, so die Motionäre.
Selbstverständlich gebe es solche Strafbefehle nicht gratis. In § 15 Abs. 1 und Abs. 1bis des Dekrets über die Verfahrenskosten (Verfahrenskostendekret; VKD) werde die Bandbreite für Strafbefehlsgebühren und Anklagegebühren festgelegt: Die Strafbefehlsgebühren sollen zwischen 200 und 10 000 Franken, die Anklagegebühren zwischen 300 und 15 000 Franken betragen. Die Oberstaatsanwaltschaft habe hierzu eine Weisung «Gebühren der Staatsanwaltschaft» und eine solche «Anklagegebühr; Bemessung und Handhabung» erlassen. Bei tiefen Busen würden folgende Strafbefehlsgebühren erhoben: Bussenhöhe → Strafbefehlsgebühr (jeweils in Franken): Nichtbezahlte Ordnungsbusse bis 100 → 200; 0 bis 199 → 300; 200 bis 399 → 400; 400 bis 899 → 500; 900 bis 1399 → 600.
Die Anklageerhebung, welche als Aufwand normalerweise lediglich die Weiterleitung des Strafbefehls als Anklageschrift an das Bezirksgericht verursache, lehne sich an die Höhe der Strafbefehlsgebühr an, wobei der Zusatzaufwand seit Erlass des Strafbefehls berücksichtigt werde. Aufgrund der Bandbreite gemäss § 15 Abs. 1bis VKD beträge die Anklagegebühr jedoch mindestens 300 Franken.
Missverhältnis
Wie die dargelegten Zahlen zeigten, so die Grossräte in ihrer Begründung weiter, würden bei tiefen Bussen die Strafbefehls- und auch die Anklagegebühren in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Busse stehen. Gerade bei Übertretungen gehe es darum, mit Bussen von wenigen hundert Franken ein Fehlverhalten zu sanktionieren. Die dabei ausgesprochene Busse entspriche jeweils dem Unrecht, welches der Delinquent begangen habe. Wenn jedoch die damit verbundenen Gebühren gleich hoch oder sogar höher seien als die Busse selbst, trete die Busse und damit die Strafe für das Unrecht in den Hintergrund. Der Delinquent bezahle jeweils eine einzige Rechnung für Strafe und Strafbefehlsgebühr. Das bedeute, dass jemand, der ein Unrecht begehe, für welches eine Busse von 200 Franken angemessen wäre, schlussendlich 600 Franken bezahlen müsse. Obwohl es sich dabei in der Regel um Massengeschäfte (z.B. Geschwindigkeitsüberschreitungen) handle, übersteige die Gebühr die Busse somit um 100 Prozent oder wenn die Busse bis 100 Franken betrage, sogar um 200 Prozent. Damit entspriche der Betrag, den ein Delinquent zu berappen habe, nicht mehr dem begangenen Unrecht. Dies widerspriche dem Verhältnismässigkeitsprinzip diametral, weshalb die Politik gefordert sei. Immer wieder führten die hohen Verfahrenskosten dazu, dass sich Betroffene wegen solch unangemessen hohen Strafbefehlsgebühren gegen die Strafbefehle wehrten, weil sie sich – zu recht – ungerecht behandelt fühlten, da sie für geringfügige Übertretungen unverhältnismässig viel bezahlen müssten. Im Gegensatz dazu stimme das Verhältnis bei höheren Bussen in der Regel. Beispielsweise falle bei einer Busse von 900 Franken eine Strafbefehlsgebühr von 600 Franken an, was zwei Drittel der Busse entspriche.
Wie ein interkantonaler Vergleich des Vergleichsdienstes comparis.ch gezeigt habe, seien die Strafbefehlsgebühren im Kanton Aargau am höchsten. Während die Strafbefehlsgebühren für eine Busse von 400 Franken im Kanton Neuenburg 50 Franken betragen, würden im Kanton Aargau 500 Franken Strafbefehlsgebühren anfallen.
Gebühren beschränken
Um dem Verhältnismässigkeitsprinzip Rechnung zu tragen, seien die Strafbefehls- bzw. Anklagegebühren in ihrer Höhe zu begrenzen. Aus Sicht der Motionäre würde eine Begrenzung der Strafbefehlsgebühren auf in der Regel zwei Drittel der Busse bzw. der Anklagegebühr auf vier Fünftel der Busse dem Verhältnismässigkeitsprinzip entsprechen. Dies würde demselben Verhältnis zwischen Busse und Strafbefehlsgebühr entsprechen, wie dies bei Bussen ab 900 Franken gelte. Damit würden die Strafbefehlsgebühren für eine Busse von 200 Franken neu nicht mehr 400 Franken, sondern maximal 133 Franken und eine allfällige Anklagegebühr maximal 160 Franken kosten. Mit der Formulierung «in der Regel» seien sodann höhere Gebühren in Ausnahmefällen weiterhin möglich, während klargestellt sei, dass höhere Gebühren nur ausnahmsweise erhoben werden dürften.
Den Motionären sind die Prinzipien zur Bemessung von Gebühren bekannt, sie sind allerdings der Ansicht, dass gerade bei tiefen Bussen, welche meist standardisierte Fälle betreffen, mit der aktuellen Regelung einerseits das Äquivalenzprinzip, vor allem aber das Verhältnismässigkeitsprinzip nicht eingehalten ist. Deshalb werde der Regierungsrat dazu aufgefordert das Verfahrenskostendekret entsprechend anzupassen.