(slrg) Tödliche Ertrinkungsunfälle: Im Zehnjahresschnitt sind in der Schweiz zwischen 2011 und 2021 weniger Kinder, dafür mehr Erwachsene, insbesondere Frauen, über 64 Jahren verunglückt. Für das diesjährige Wassersicherheitsforum, organisiert durch die Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU und die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG, wurden die Ertrinkungszahlen der letzten gut 20 Jahre analysiert. Zwar liegt die Ertrinkungsrate in der Schweiz im Vergleich zu anderen Ländern tief, jedoch bereiten den Analysten die Entwicklungen bei Jugendlichen und Erwachsenen, insbesondere Frauen, über 64 Jahren Sorgen, wie die Schweizerische Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG in ihrer Medienmitteilung schreibt.
Die Medienmitteilung im Wortlaut:
Die Entwicklung im Bereich der Wassersicherheit hat dieses Jahr zu reden gegeben. Schon jetzt steht fest, dass die Anzahl der Ertrinkungsopfer im Jahr 2022 weit über dem langjährigen Durchschnitt liegen wird. Nebst den aktuellen Zahlen der Ertrinkungsstatistik sind vor allem Tendenzen für die Prävention relevant. Dadurch können Risikogruppen klar erkannt werden.
Initiiert von der Beratungsstelle für Unfallverhütung BFU und der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft SLRG haben aktuell 13 Organisationen und Körperschaften der Schweiz die Charta des Wasser-Sicherheits-Forums (WSF) unterzeichnet. Das WSF setzt sich zum Ziel, den Austausch zu fördern und einer evidenzbasierten Praxis zu folgen. Zugleich soll es der Ertrinkungsprävention und der Wasserrettung mehr politisches Gewicht verleihen.
Weniger Kinder ertrunken
An der diesjährigen Forumsveranstaltung wurde das Ertrinkungsgeschehen der letzten rund 20 Jahre diskutiert. Dafür analysierte die BFU die tödlichen Ertrinkungsunfälle in der Schweiz zwischen 2000-2021.
Tatsächlich sind die tödlichen Ertrinkungsunfälle bei Kindern im Zeitraum 2011-2021 im Vergleich zum vorhergehenden Jahrzehnt um drei Fälle zurückgegangen. Im Alterssegment der 0- bis 9-Jährigen war eine Abnahme von fünf Fällen zu beobachten, bei den 10 bis 14-Jährigen zeigte sich jedoch eine leichte Zunahme von zwei Fällen. Die Abnahme bei den 0 bis 9-Jährigen ist besonders erfreulich, da im gleichen Zeitraum der entsprechende Bevölkerungsanteil um 13% zugenommen hat.
Weniger erfreulich sieht die Tendenz bei den Jugendlichen und Erwachsenen ab 15 Jahren aus. In den Jahren 2011 bis 2021 sind mit 344 Fällen 22% mehr Menschen ertrunken als in den 11 Jahren zuvor (281 Fälle). Die Zunahme zeichnet sich in jedem Alterssegment ab. Ein höheres Alter ging dabei mit einer erhöhten Zunahme der Fallzahlen einher. In der Altersgruppe über 64 Jahre betrug die Zunahme sogar 57%. Im Vergleich hierzu nahm die Bevölkerung der Jugendlichen und Erwachsenen im gleichen Zeitraum nur um 10% zu, bei den über 64-Jährigen um 23%. Vor allem bei den älteren Erwachsenen zeigte sich ein neuer Trend. Zwar wiesen beide Geschlechter mehr Fälle auf, jedoch war die relative Zunahme bei den Männern mit +48% nur halb so gross wie bei den Frauen mit +100%, also einer Verdoppelung. Dieser Trend wird auch in anderen, internationalen Studien beschrieben.
Dennoch waren Männer mit einem Anteil von 85% am häufigsten Opfer eines tödlichen Ertrinkungsunfalles. Vor allem die Altersspanne zwischen 15 und 24 Jahren sticht im Geschlechtervergleich heraus. Zwischen 2011 bis 2021 waren die Opfer in diesem Alterssegment in 93% der Fälle männlich, was einer relativen Zunahme von 8% entspricht.
Deutlich ist die Statistik hinsichtlich der tödlichen Ertrinkungsunfälle im überwachten Badbetrieb. Während in öffentlichen Freibädern der Zehnjahresschnitt mit acht Fällen konstant blieb, zeigte sich in öffentlichen Hallenbädern eine Reduktion um über die Hälfte von 16 auf 7 Fälle.
Erkenntnisse zur Prävention
Um Ertrinkungsunfälle zu vermeiden, ist das richtige Verhalten am, im und auf dem Wasser zentral – auch und vor allem für Eltern mit Kleinkindern. Damit die erfreuliche Tendenz von wenigen Ertrinkungsopfern im Kindesalter anhält, müssen sich die Eltern und Betreuungspersonen ihrer Aufsichtspflicht bewusst sein und diese jederzeit konsequent wahrnehmen.
Für alle Altersgruppen gilt, dass in offenen Gewässern nie alleine und immer mit einer Auftriebshilfe geschwommen werden soll. Diese Massnahme kann im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden.
Das richtige Verhalten am, im und auf dem Wasser muss schon im Kindesalter erlernt werden. Dies sowohl mit Blick auf die Vorbeugung allfälliger Notsituationen als auch auf das richtige Verhalten, sofern die Prävention eben nicht greift. Nur so kann eine weitere, langfristige Zunahme von tödlichen Ertrinkungsunfällen verhindert werden. Denn gleichzeitig wird voraussichtlich die Risikoexposition steigen, Seen und Flüsse werden intensiver als Freizeit- und Erholungsraum genutzt. Zudem sorgt der Klimawandel auch in der Schweiz für häufigere Starkregen- und Hochwasser-Ereignisse.
Weiter wird empfohlen, dass Badeanstalten ergänzend zur bestehenden Badaufsicht von technischen Möglichkeiten zur Überwachung Gebrauch machen, um Notsituationen umgehend zu erkennen.