(pd) Vor einem grossen Publikum durfte das Aargauer Komitee gegen den Ausbau von Frontex am Donnerstagabend im Salzhaus Brugg eine prominente Gesprächsrunde begrüssen. Erik Marquardt, EU-Parlamentarier der deutschen Grünen und extra für den Abend angereist, kennt sich mit der Situation an den Schengen-Aussengrenzen und der Arbeit von Frontex bestens aus. Er ist überzeugt «wegen 61 Millionen im Jahr schliesst die EU die Schweiz nicht aus Schengen aus. Erst recht, weil die EU genau um die Menschenrechtsverletzungen von Frontex weiss.»
Podiumsteilnehmerin Aresu Rabbani hat selbst einen schwierigen Weg hinter sich. Auf ihrer Flucht mit der Mutter und den drei minderjährigen Geschwistern aus Afghanistan bis in die Schweiz hat sie schicksalhafte Begegnungen mit Grenzschutzbehörden gemacht. Ob Frontex auch dabei war, weiss sie nicht. Frontex gibt sich nicht eindeutig zu erkennen. Als Aufruf an die Schweizer Stimmbevölkerung appellierte sie: «Gerade wegen der aktuellen Situation mit den Menschen aus der Ukraine, muss eine Mehrheit ein deutliches Zeichen für den Schutz der Flüchtenden setzen und Nein stimmen.»
Nationalrätin Marionna Schlatter erklärte in ihrem Votum was im Parlament alles versucht wurde, um endlich Transparenz zu schaffen oder dem Ausbau von Frontex ausgleichende Massnahmen zur Seite zu stellen. «Wir haben einen Konsens darüber, dass wir als Schweiz nicht aus dem Schengen-Raum ausscheiden wollen. Dass ausgerechnet die SVP und ihr Bundesrat Ueli Maurer zum ersten Mal für eine Schengen-Vorlage plädieren, zeigt für welchen Weg Frontex steht.»
Im zweiten Teil des Abends zeichnten die Podiumsteilnehmer:innen ihre Vorstellung zu einem offenen und solidarischen Europa und dem Einhalt der Menschenrechte an den Aussengrenzen. Erik Marquardt verdeutlichte: «Die Krisenerzählung an den Aussengrenzen ist mit der Ukraine-Krise wie ein Kartenhaus zusammengestürzt. Wir sehen, dass unsere Staaten vielmehr zu leisten im Stande sind als uns über Jahre erzählt wurde. Ein Armutszeugnis für die Regierungen.»
Emirhan Darcan, ebenfalls auf dem Podium, fordert, dass in der Diskussion über den Grenzschutz dringend die betroffenen Menschen in den Fokus gelangen müssen. Ansonsten werde die europäische Gemeinschaft mit ihren Werten wie Freiheit, Solidarität und Demokratie nicht überzeugen, so Darcan.
Die Anwesenden in Brugg waren sich grösstenteils einig, dass das System für welches Frontex steht, zum Scheitern verurteilt ist. Dieses Scheitern kostet viele Menschen das Leben und kriminalisiert Tausende. «Ganz egal wie die Abstimmung am 15. Mai ausgeht, es bedarf dringend einer europäischen Bewegung, die der Erzählung der Rechtskonservativen eine deutliche Antwort gegenüberstellt», war das Fazit des Abends.