In einem offenen Brief wenden sich der Aargauische Gewerbeverband, die Aargauische Industrie- und Handelskammersowie der Hauseigentümerverband Aargau zum Thema nachhaltige Energie- und Klimapolitik an den Regierungsrat.
Darin heisst es: "Sehr geehrter Herr Landammann, sehr geehrte Herren Regierungsräte,
die unterzeichnenden Verbände stehen ein für eine vernünftige und nachhaltige Energie- und Klimapolitik. Nachdem die vergangenen kantonalen und eidgenössischen Vorlagen in der Volksabstimmung gescheitert sind, erwarten sie seitens der Regierung Massnahmen, welche die Aargauer Bevölkerung und die Unter-nehmen nicht unnötig belastet ohne die Nachhaltigkeitsziele aus den Augen zu verlieren.
Die Regierung wird aufgefordert, insbesondere folgende sechs Punkte umzusetzen:
1. Versorgungssicherheit gewährleisten
Die Verbände erwarten vom Regierungsrat, dass er im Hinblick auf die Strommangellage beim Bundesrat vorstellig wird. Die Versorgungssicherheit ist zu gewährleisten. Es braucht einen konkreten Plan zum Bau von Kraftwerken (z. B. Kernkraftwerke neuerer Generationen oder Gaskombikraftwerken als Übergangslösung). Es kann nicht sein, dass mit einem in Aussicht gestellten Stromabschaltungsregime die Existenz unserer Unternehmen und von Arbeitsplätzen aufs Spiel gesetzt wird.
2. Technologieneutralität sicherstellen
Die bisherigen Abstimmungen scheiterten (auch) daran, dass einseitig gewisse Energieträger, z. B. Strom, bevorzugt behandelt wurden. Dies unabhängig davon, wie der Strom produziert wird (z. B. Kohlekraftwerke). Die Verbände fordern vom Regierungsrat klar Technologieneutralität (ein E-Auto ist nicht ökologischer, wenn es mit Kohlestrom fährt!). Massgebend muss sein, wie die Gesamt-Umweltbilanz aussieht.
3. Anreize schaffen
Die bisherigen Abstimmungen scheiterten auch wegen der extremen Umverteilungsmechanismen, die darin enthalten waren, und wegen den staatlich direkt gelenkten Investitionen. Diesem Umstand ist in einer neuen Vorlage Rechnung zu tragen. Der Regierungsrat wird aufgefordert, soweit in der kantonalen Kompetenz, die Massnahmen im Energiebereich mittels Anreizsystemen durchzusetzen.
Konkret sind insbesondere zusätzliche steuerliche Abzugsmöglichkeiten für energiesparende Investitionen, analog zur steuerlichen Behandlung von Forschung/Entwicklung, vorzubereiten.
4. Bürokratie beseitigen
Die Bürokratie verhindert oder verteuert heute energetische Massnahmen an den Gebäuden. Eine Neuauflage des kantonalen Energiegesetzes soll Bürokratie ab- und nicht aufbauen. Insbesondere im Baubereich ist dafür zu sorgen, dass die Bürokratie vermindert wird und dadurch energetisch vorteilhafte Umbauten einfacher vollzogen werden können. Zudem sind die Möglichkeiten der Digitalisierung auszunutzen und die Effizienzgewinne sind an die Bürger und Unternehmen in Form von höherer Behandlungsgeschwindigkeit und tieferen Gebühren weiterzugeben.
5. Investitionen schützen
Der Regierungsrat wird gebeten, dafür zu sorgen, dass die Massnahmen im Energiebereich nicht übereilig, sondern mit Augenmass und Rücksicht auf getätigte Investitionen gemacht werden müssen (Investitionsschutz). Beispielsweise soll ein betagter Hauseigentümer in einem Altbau nicht abgestraft werden, indem von ihm noch Investitionen in energetischer Hinsicht verlangt werden (Klimaschutz). Die Energiesparmassnahmen werden dereinst folgen, wenn ein Neubau kommt oder wenn das Haus in neue Hände übergeht. In der gleichen Situation sind Unternehmen, die in eine Technologie investiert haben und ihre Prozesse und Produktion ausgerichtet haben. Die Investitionen dieser Unternehmen sind zu schützen. Der Umsetzung von Energiesparmassnahmen ist angemessen Zeit zu lassen.
6. Verbände einbeziehen
Nach der Abstimmung ist vor der Abstimmung. Die unterzeichnenden Verbände fordern einen raschen Einbezug in die Vorbereitungsarbeiten für die zukünftige Energiepolitik des Kantons, dies um tragfähige und praktisch umsetzbare langfristige Lösungen zu erarbeiten. Es ist zu verhindern, dass die Bevölkerung und die Unternehmen im Aargau und der Schweiz Nachteile gegenüber anderen Kantonen und dem Ausland haben. Die unterzeichnenden Verbände sind bereit zur konstruktiven Mitarbeit.
Freundliche Grüsse"
Aargauischer Gewerbeverband, Aargauische Industrie- und Handelskammer, Hauseigentümerverband Aargau