(pd) Die Ergebnisse einer Studie zum neuen Medikament «Oveporexton» zur Behandlung von Schläfrigkeit und Kataplexie könnte für Menschen mit Narkolepsie der Durchbruch für einen neuen Therapieansatzes sein, wie die Klinik Barmelweid AG in einer Medienmitteilung schreibt.
Die Narkolepsie gilt seit ihrer Entdeckung vor etwa 100 Jahren als rätselhafte Erkrankung. Die jungen Betroffenen verspüren plötzlich einen ungewöhnlich starken Schlafdrang, der sie selbst während Gesprächen, beim Essen oder gar beim Laufen für kurze Zeit einschlafen lässt. Zusätzlich haben die Betroffen beim Lachen einen kurzen Kraftverlust der Muskulatur und verlieren den Halt, ein Phänomen das Kataplexie genannt wird. Neben diesen Schlüsselsymptomen gesellen sich ein gestörter Nachtschlaf, eine Appetitstörung mit Entwicklung von Übergewicht, kognitive Störungen und nicht selten eine Depression hinzu.
Was verursacht Narkolepsie?
Das Rätsel der Erkrankung wurde 1998 durch die Entdeckung des Orexins (auch Hypokretin genannt) gelöst. Menschen mit Narkolepsie fehlt dieses im Gehirn gebildete Neuropeptid, das eine wachmachende und Vigilanz-stabilisierende Funktion hat. Die aktuelle Forschung geht davon aus, dass die Orexin-bildenden Nervenzellen im Hypothalamus des Gehirns durch einen Autoimmunprozess zerstört werden.
Neu: Ersatz von aussen für die fehlenden Funktion einer körpereigenen Substanz
Die bisherige Behandlung von Narkolepsie beruht auf dem Prinzip der Linderung der einzelnen Symptome, auch symptomatische Therapie genannt. Mit «Oveporexton» ist ein neuer Therapieansatz gelungen. Die Substanz ist ein Orexin Rezeptor-2 Agonist und ersetzt in dieser Funktion das fehlende Orexin. Somit könnte man das Therapieprinzip von «Oveporexton» mit dem des Insulins beim Diabetes mellitus vergleichen: Die fehlende Funktion einer körpereigenen Substanz wird von aussen ersetzt.
Studie im «New England Journal of Medicine»
Die Mitte Mai im «New England Journal of Medicine» veröffentlichte Studie zeigt, dass das neue Therapieprinzip funktioniert. Die Patientinnen und Patienten hatten eine deutliche wachmachende Wirkung und konnten sogar in anspruchsvollen objektiven Vigilanztests wach bleiben, ohne einzuschlafen. «Oveporexton bedient wieder die jahrelang verwaisten Orexinrezeptoren im Gehirn» führt Prof. Dr. med. Ramin Khatami aus. Er ist Leiter der internationalen doppelblinden randomisierten Studie für die Schweiz am Zentrum für Schlafmedizin der Klinik Barmelweid. «Der klinische Effekt beeindruckt mich. Die Patientinnen und Patienten hatten eine subjektiv wachmachende Wirkung, die ich in dieser Ausprägung nicht kenne». Das Medikament erwies sich als gut verträglich. «Beeindruckend ist auch das breite Wirkspektrum auf die anderen Symptome der Narkolepsie, auch wenn dies nicht primäres Therapieziel der Studie war». Ob «Oveporexton» eine «one fits all»-Therapie für die Narkolepsie-Patientinnen und Patienten ist, muss zukünftig in nachfolgenden Studien überprüft werden. Es besteht aber eine berechtigte Hoffnung und aktuell laufende Langzeitstudie werden diese offenen Fragen beantworten.
Das Wichtigste zur Narkolepsie und zur Studie in Kürze
• Die Narkolepsie ist eine seltene Erkrankung («rare oder orphan disease») mit einer Häufigkeit von 1/2000 pro Einwohnerinnen und Einwohnern. Die Erkrankung ist chronisch und begleitet die Betroffenen ein Leben lang.
• Seit der Entdeckung, dass ein fehlendes Neuropeptid Orexin (auch Hypokretin) genannt im Gehirn die Narkolepsie verursacht, gilt die Narkolepsie mit Orexindefizienz als Modellerkrankung für die Schlaf-Wachregulation.
• Die aktuelle multizentrische internationale Studie wurde weltweit durchgeführt.
«Oveporexton» wurde randomisiert kontrolliert in 4 Dosierungsstärken gegen Placebo über 8 Wochen getestet, 33 Zentren aus 12 Ländern haben Patientinnen und Patienten eingeschlossen.
• Das Orexinsystem wird neben der Schlaf-Wach-Regulation mit weiteren wichtigen Funktionssystem wie Appetit- und Energieregulation, Adipositas, Belohnungssystem, emotional-affektive Regulation u.a. in Verbindung gebracht. Zahlreiche Studien zur Modulation des Orexinsystem für andere Erkrankungen haben begonnen.
• Die Klinik Barmelweid ist eines von fünf von der kosek (Nationale Koordination Seltene Krankheiten) anerkannten Zentren, die im nationalen Referenznetzwerk, Swiss Network for Narcolepsy and Rare Sleep Disorders (SNaNe&RSD). organsiert sind.