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Einem kantonalen Mediengesetz einen Schritt näher: Der Grosse Rat hat entschieden, dass der Vorstoss als Postulat behandelt wird

«Das halbe Jahr Arbeit hat sich gelohnt!» Der überglücklichen Grossrätin Colette Basler aus Zeihen fiel nach der Abstimmung am Dienstag ein Stein vom Herzen. Der Grosse Rat des Kantons Aargau erteilte der ursprünglichen Motion nun als Postulat grünes Licht ­- entgegen des Antrags des Regierungsrates, welcher dem Postulat in Form einer «Abschreibung» eine Abfuhr erteilen wollte. Und die glückliche Fügung wollte es, dass dieser Punkt 10 auf der Traktandenliste der letzten Grossrats-Sitzung in diesem Jahr noch behandelt wurde. Es folgte darauf nämlich die Verabschiedung von Grossratspräsidentin Elisabeth Burgener Brogli, und die restlichen Geschäfte wurden aufs Jahr 2023 vertagt.

SONJA FASLER HÜBNER

Um was geht es überhaupt? Die Kantonsverfassung fordert im Paragraph 37 explizit die Schaffung eines Mediengesetzes für den Aargau. Motionärinnen und Motionäre aus verschiedenen Parteien – Colette Basler aus Zeihen (SP), Alfons P. Kaufmann aus Wallbach (Die Mitte), Béa Bieber aus Rheinfelden (GLP), Thomas Baumann aus Suhr (Grüne) und Urs Plüss aus Zofingen (EVP) – forderten in einem Vorstoss die Schaffung eines solchen. Damit sollen Medienvielfalt und unabhängiger Qualitätsjournalismus erhalten und gefördert werden.
Die Schweizer Bevölkerung hat im Frühjahr 2022 das Massnahmenpaket zugunsten der Medien abgelehnt, so auch im Kanton Aargau. Die Angst war gross, es könnten vor allem die grossen Medienhäuser profitieren. Eine Gruppe von Grossrätinnen und Grossräten verschiedener Parteien forderten nun, es sei ein kantonales Mediengesetz zu schaffen und damit der Paragraph 37 der Kantonsverfassung umzusetzen. «Der Aargau ist ein Kanton der Regionen, der Traditionen, der Verbände und Vereine. Deren Tätigkeiten und Wirken sollen in den Medien adäquat abgebildet werden. Dies ist nur möglich, wenn genügend Ressourcen für qualitativ guten und unabhängigen Journalismus zur Verfügung stehen. Sowohl die regionalen Zeitungen als auch die AZ würden davon profitieren. Wer meint, es würden sowieso nicht mehr so viele Printmedien gelesen, sondern die Informationen verlagerten sich zunehmend auf den Online-Bereich, irrt. Er irrt insofern, als dass es auch bei den digitalen Medien Qualität braucht. Ob ein Artikel online oder auf Papier publiziert wird, spielt keine Rolle. In einem Land der direkten Demokratie ist es unabdingbar, dass Diversität abgebildet wird und sich die Bevölkerung selbst ein Bild über die Geschehnisse in den Regionen machen kann. Dieses Bild soll weder von Konzernen noch von Ideologien geprägt werden, welche die sogenannten ‹Gratisblättchen› dominieren. Wir Motionärinnen und Motionäre sind überzeugt davon, dass die regionalen Medien ein wichtiger Pfeiler unserer Gesellschaft sind und wesentlich zu deren Zusammenhalt beitragen. Sie brauchen unsere Unterstützung im Bereich der digitalen Transformation und um gute Qualität der Beiträge sicherstellen zu können. Gesamtschweizerisch sind in den letzten 20 Jahren über 70 Zeitungen verschwunden. Verschwinden unsere Lokalmedien (Zeitung, Radio und Fernsehen), leidet die Vielfalt, die uns als Kanton einzigartig macht. Tragen wir ihnen deshalb Sorge», schrieb Colette Basler zusammen mit ihren Mitstreitern im Vorfeld in einer Medienmitteilung. Es dürfe nicht sein, so Colette Basler, dass die kleinen Zeitungen verschwänden, gerade im Zuge der digitalen Transformation, bei welcher die Grossen klare Vorteile gegenüber den Kleinen hätten. 

KMUs brauchen die regionalen Medien
Mit-Motionär Alfons P. Kaufmann legte die Sicht eines Unternehmers dar: «Viele Klein- und Mittelbetriebe, die immer als Rückgrat der Wirtschaft genannten KMU, sind dankbar für die regionalen Printmedien. Sie stellen auch heute noch eine sehr wichtige Plattform für die regional verankerten KMUs dar. Dies trotz Digitalisierung. So können beispielsweise Stelleninserate, Betriebsaktivitäten, Firmenjubiläen und vieles mehr direkt im regionalen Umfeld platziert werden und erscheinen einerseits in den lokalen Printmedien wie auch auf deren Online-Plattformen. Dies ist sehr wichtig für die KMUs und darf nicht unterschätzt werden. Natürlich sind die KMUs auch online präsent, doch die regionalen Printmedien stellen immer noch einen wichtigen Werbebestandteil dar.»
Die Motionärinnen und Motionäre seien nur bereit, dem Regierungsrat zu folgen und der Umwandlung der Motion in ein Postulat zuzustimmen, wenn dann das Postulat nicht abgeschrieben würde, betonte Alfons P. Kaufmann. «Wir wollen den Druck auf die Regierung aufrechterhalten, damit dieser Prozess weitergehen kann und nicht in den Schubladen versenkt wird.»
Mit einem Zitat von Ephraim Kishon («Die Medien sind bellende Wachhunde der Demokratie...») rief er dazu auf, weiterhin Sorge zum regionalen Journalismus zu tragen.

Mit-Motionärin Bea Bieber betonte in ihrem Votum ebenfalls die Wichtigkeit von unabhängigem, qualitativ hochstehendem Journalismus. Redaktionen würden zusammengelegt, ganze Zeitungen würden eingehen. Gerade der lokale Journalismus müsse unterstützt und gefördert werden. Es dürfe nicht sein, so Bea Bieber, dass eines Tages nur noch ein oder zwei Zeitungen massgebend seien, weil alle anderen von der Bildfläche verschwunden seien.
Eine flammende Rede für das Mediengesetzt war von Harry Lütolf (Die Mitte) zu hören. «Nach 40 Jahren wäre es an der Zeit, den Paragraph 37 der Kantonsverfassung umzusetzen", forderte er und betonte, dass dies ein Verfassungsauftrag sei, den der Regierungsrat nicht noch länger auf die lange Bank schieben dürfe, ob sich der Bund in dieser Frage nun bewege oder nicht.  

SVP und FDP grossmehrheitlich dagegen
53 Ratsmitglieder hatten den Vorstoss im Vorfeld unterschrieben, ebenfalls mit der Begründung, ein Aargauer Mediengesetz sei in der Kantonsverfassung vorgeschrieben. SVP und FDP hingegen stellten sich grossmehrheitlich gegen ein kantonales Mediengesetz. «Die Motion erscheint angesichts des Volks-Neins auf Bundesebene als Zwängerei», formulierte es beispielsweise SVP-Grossrat Emanuel Suter aus Gipf-Oberfrick, der fand, der Kanton dürfe jetzt nicht vorpreschen. FDP-Grossrat Silvan Hilfiker stiess ins selbe Horn und gab seiner Befürchung Ausdruck, ein kantonales Mediengesetz laufe zwangsläufig auf finanzielle Unterstützung heraus. 

Der Regierungsrat vertrat die Meinung, dass allfällige kantonale Massnahmen und Instrumente zwingend auf die nationale Politik abgestimmt werden müssten. «Jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine entsprechende Motion», betonte Landammann Alex Hürzeler. Der Regierungsrat wolle den Antrag erst wieder aufnehmen, wenn ein klares Signal aus Bundesbern dies anzeige. Der Antrag des Regierungsrats den Vorstoss zumindes als Postulat anzunehmen, aber im gleichen Zuge abzuschreiben, was faktisch einer Abfuhr des Mediengesetzes auf kantonaler Ebene gleichgekommen wäre, hatte aber keinen Erfolg. Mit 73 Ja- zu 55 Nein-Stimmen wurde dem Postulat grünes Licht erteilt. Damit sei man der Schaffung eines kantonalen Mediengesetzes nun einen grossen Schritt nähergekommen, freute sich Hauptinitantin Colette Basler nach der Abstimmung, wie sie gegenüber fricktal.info sagte. Bis zuletzt hatte sich nämlich noch gebibbert, ob's denn reichen würde. Ein schöneres Samichlaus-Geschenk hätte sie sich wohl nicht wünschen können. Der Regierungsrat ist nun gefordert, indem er nun innerhalb von zwei bis drei Jahren einen entsprechenden Vorschlag ausarbeiten muss.