(pd) Der Reformdruck auf die berufliche Vorsorge hat sich stark erhöht, dies gerade vor dem Hintergrund der steigenden Lebenserwartung und der schwierigen Lage an den Kapitalmärkten. Dies führt generell zu sinkenden Umwandlungssätzen und damit zu tieferen Renten. So sank auch der Umwandlungssatz der Aargauischen Pensionskasse (APK) zulasten der Versicherten von ursprünglich 6,8 % (bis 2013) auf neu 5,0 % (ab 2024). Der Regierungsrat hat deshalb eine ausgewogene Vorlage erarbeitet, welche mit geeigneten Abfederungsmassnahmen ein übermässiges Absinken der Renten verhindert und ein angemessenes Leistungsniveau gewährleistet.
Der Kanton Aargau will damit ein verlässlicher Arbeitgeber bleiben. Dies erfolgt durch eine Kombination von Massnahmen, welche insbesondere auch die zunehmende Teilzeitbeschäftigung berücksichtigt: Moderate Erhöhung der Sparbeiträge, Reduktion des Koordinationsabzugs sowie Einmaleinlage für die am stärksten betroffene Übergangsgeneration. Zudem sollen im Pensionskassendekret neu Massnahmen bei Unterdeckung definiert werden. Dies schafft für den Kanton Planungssicherheit.
Umfassende Auslegeordnung
Die Schwierigkeiten der beruflichen Vorsorge sowie spezifische Herausforderungen der Aargauischen Pensionskasse (APK) haben den Regierungsrat im Jahr 2020 bewogen, eine umfassende Auslegeordnung vorzunehmen. Der Regierungsrat sieht auf Basis dieser Prüfung in vier Bereichen Handlungsbedarf. Im Wesentlichen schlägt der Regierungsrat eine Kombination von Massnahmen vor:
Abfederung mit planmässigem Leistungsziel von 60 %
Als Folge der jüngsten Senkung des Umwandlungssatzes ab 2022 durch den Vorstand der APK fällt das planmässige Leistungsniveau auf nur noch 55 % (ab 2024) des versicherten Lohns. Bis 2018 betrug dieses noch 65 %. Damit wird das aus der Bundesverfassung abgeleitete Vorsorgeziel von 60 % aus 1. und 2. Säule im Durchschnitt nicht mehr erreicht. Der Regierungsrat will diese Absenkung im Vorsorgeplan des Kantons abfedern und schlägt verschiedene Massnahmen vor. Damit ein planmässiges Leistungsziel von 60 % des versicherten Lohns erreicht werden kann, sollen die Sparbeiträge anteilsmässig erhöht werden. Weiter schlägt der Regierungsrat eine Reduktion des Koordinationsabzugs vor. Mit der Senkung des Koordinationsabzugs werden auch sozialpolitische Ziele verfolgt und (Teilzeit-)Angestellte mit tiefen Löhnen besser versichert. Zudem plant der Regierungsrat eine Einmaleinlage durch den Kanton für Versicherte im Alter über 50 Jahren, da dieser Gruppe am wenigsten Zeit verbleibt, durch höhere Sparbeiträge ihr Alterskapital zu erhöhen.
Mehraufwände – und Auswirkungen auf Gemeinden
Diese Abfederungsmassnahmen verursachen dem Kanton jährliche Mehraufwände von 6,9 Millionen Franken für die Erhöhung der Spargutschriften, 8,1 Millionen Franken für die Senkung des Koordinationsabzugs. Für die Einmaleinlage erfolgt eine einmalige Aufwendung von 20,4 Millionen Franken. Sämtliche Massnahmen haben auch finanzielle Auswirkungen für die Gemeinden, weil diese 35 % der Personalkosten der Lehrpersonen tragen. Die Versicherten wiederum zahlen höhere Beiträge ein, was ihren Nettolohn reduziert und damit gleichzeitig einen Beitrag für ihre persönliche Altersvorsorge leistet.
Finanzdirektor Markus Dieth sieht erheblichen Handlungsbedarf: «Die Senkungen des Umwandlungssatzes reduzieren die Renten der Versicherten von 65 % auf 55 % des versicherten Lohnes markant. Damit wird das aus der Bundesverfassung abgeleitete Vorsorgeziel von 60 % aus 1. und 2. Säule im Durchschnitt nicht mehr erreicht. Dies will der Regierungsrat abfedern.» Als oberster Personalverantwortlicher des Kantons hebt Regierungsrat Markus Dieth auch die Senkung des Koordinationsabzugs hervor: «Heute sind Teilzeitpensen verbreitet. Als moderner und attraktiver Arbeitgeber wollen wir dafür sorgen, dass auch diese Angestellten sowie Angestellte mit tiefen Löhnen adäquat versichert sind.»
Definierte Eckwerte im Fall einer Unterdeckung
Im Fall einer Unterdeckung verpflichtet Bundesrecht die Pensionskassen, Massnahmen zu deren Behebung zu ergreifen. Die Verantwortung und Kompetenz dafür liegen beim Vorstand der Pensionskasse. Seit der Ausfinanzierung im Jahr 2008 befand sich die APK als Folge der Finanzkrise selbst unter Anrechnung der Arbeitgeberbeitragsreserve (AGBR) mit Verwendungsverzicht während vieler Jahre in einer Unterdeckung. Das bis anhin gültige Sanierungskonzept der APK zielte ausschliesslich auf einseitige Minderverzinsungen zulasten der Versicherten ab.
Auf Empfehlung der Expertin für die Berufliche Vorsorge überarbeitete der Vorstand das Sanierungskonzept. Dieses hat keine unmittelbaren finanziellen Auswirkungen und greift erst im Fall einer erneuten Unterdeckung der APK. Das Sanierungskonzept orientiert sich an vergleichbaren kantonalen Pensionskassen. Neu sollen die Grundzüge der Massnahmen zur Behebung einer allfälligen Unterdeckung auch im Pensionskassendekret festgehalten werden, was die Planungssicherheit für den Kanton erhöht. Für Finanzdirektor Markus Dieth sind klare Regeln bei einer Unterdeckung wichtig: «Mit den neuen Bestimmungen im Pensionskassendekret geben wir dem Vorstand der APK einen Handlungsrahmen vor und erhöhen die Planungssicherheit für den Kanton. Denn so wissen wir im Fall einer Unterdeckung, welche Kosten maximal auf den Kanton zukommen.» Neben der Erhebung von Sanierungsbeiträgen, die vom Grad der Unterdeckung abhängen, soll das Instrument der Minderverzinsung gegenüber dem BVG-Mindestzinssatz als Massnahme festgelegt werden. Mit den Anpassungen des Gesetzes über die Finanzierung der Sonderlasten vom 16. August 2005 soll der allfällige Sanierungsbedarf auf dieselbe Art und Weise finanziert wie damals bei der Ausfinanzierung und Verselbstständigung der APK im Jahr 2008.
Bundesrecht verhindert Umsetzung Motion 20.123
Am 16. März 2021 überwies der Grosse Rat die Motion 20.123 und beauftragte den Regierungsrat, die im Pensionskassendekret definierte zeitliche Befristung der Arbeitgeberbeitragsreserve (AGBR) zur Absicherung der Wertschwankungsreserve von 20 Jahren aufzuheben. Die inzwischen festgestellte Bundesrechtswidrigkeit verhindert die Umsetzung von Motion 20.123, da die Massnahmen zeitlich zu befristen sind. Infolge der Überschreitung der ordentlichen Sanierungsdauer nach Bundesrecht sind die Bestimmungen im Pensionskassendekret aufzuheben.
Weiterer rechtlicher Anpassungsbedarf
Im Rahmen der Überarbeitung der gesetzlichen Bestimmungen hat sich weiterer Handlungsbedarf im Pensionskassendekret herausgestellt. So wird vorgeschlagen, Detailregelungen im Bereich Risiko (Vorsorgeplan Kanton) sowie zur Wahl der Vertretung der Arbeitnehmenden im Vorstand neu in den Reglementen der APK festzulegen. Zudem sind Bestimmungen im Organisationsgesetz und im Pensionskassendekret aufgrund übergeordneter bundesrechtlicher Vorgaben anzupassen.
Ausgewogene Vorlage mit Augenmass
Der Regierungsrat ist überzeugt, mit den vorgeschlagenen Massnahmen solide und moderne Rahmenbedingungen für die kantonale Pensionskasse zu schaffen, die Planungssicherheit für den Kanton zu erhöhen und die berufliche Vorsorge für die Versicherten künftig zu sichern. Mit den vorgeschlagenen Massnahmen nimmt die Vorsorgelösung des Kantons einen Platz im Mittelfeld vergleichbarer Pensionskassen ein. Finanzdirektor Markus Dieth fasst die Vorlage wie folgt zusammen: «Als Arbeitgeber stehen wir in Konkurrenz mit anderen Arbeitgebern. Mit dieser ausgewogenen Vorlage haben wir die Chance, ein verantwortungsvoller Arbeitgeber für alle Mitarbeitenden und für alle Lehrpersonen des Kantons zu sein und attraktiv und wettbewerbsfähig zu bleiben.»
Eröffnung Anhörung
Die öffentliche Anhörung dauert vom 3. März bis am 3. Juni.