...ist es nach Ansicht und Willen der Politik, des BAKOM und der Schweizer Post noch lange nicht dasselbe.
RUEDI MOSER
Verleger der fricktal.info
Man stelle sich vor, da gibt es zwei Zeitungen, die einmal in der Woche im selben regionalen Raum in alle Haushalte verteilt werden. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die eine Zeitung über eine geringe Anzahl Einzelabonnenten verfügt (4800 Abonnenten auf 40 000 verteilte Zeitungen) und die andere ohne Abonnenten auskommt. Nun drängt sich die viel beredete und beschriebene «Indirekte Presseförderung» ins Spiel, deren Ausbau notabene am 13. Februar in der Volksbefragung abgeschmettert wurde. Dank der weiterhin bestehenden Bundessubvention kann die «Abonnierte Zeitung» weiterhin massiv vergünstig verteilen und die andere erhält keine Gelder und muss der Post den vollen Preis für die Verteilung bezahlen. Neu ist nun sogar, dass seit dem 1.1.2022 die «Abonnierten Zeitungen» einen weiteren Vorteil erhalten haben und in bestimmten Konstellationen nicht einmal mehr die eingesteckten Werbebeilagen als Zusatzaufwand für die Verteilung durch die Post berappen müssen. Die sogenannten «Gratiszeitungen» müssen für jede dieser Beilagen einen Zuschlag entrichten. Ein Zuschlag übrigens, der von Seite der Post immer damit begründet wurde, dass dem Briefträger ein Mehraufwand entstehe. Bei «Abonnierten Zeitungen» neuerdings offenbar nicht mehr?
Uns, als Zeitungsverlag einer «Gratiszeitung», kommt es so vor, als ob diese Ungleichbehandlung politisch sogar gewollt ist. Man unterstützt bewusst nur einzelabonnierte Zeitungen, damit die wohl ungeliebten Gratiszeitungen vom Markt verschwinden. Natürlich gibt es zweifelhafte Beispiele in unseren Reihen, aber es wird tunlichst übersehen, dass viele Gratiszeitungen seit Jahrzehnten sogar einen politischen Auftrag als amtliche Publikationsorgane von Gemeinden haben und eine starke Verankerung in der Gesellschaft geniessen. Solche Zeitungen als Störfaktoren beseitigen zu wollen, schiesst an der Realität vorbei. Was soll das? Woher nehmen sich die Politik und deren Amtsstuben das Recht, so massiv in die wirtschaftlichen Gefüge einzugreifen? Solche einseitigen Subventionierungen sind Gift und gefährden Tausende von Arbeitsplätzen. Da ist die Existenz von unzähligen Zeitungen gefährdet, die vielfach schon Jahrzehnte länger auf dem Markt sind als viele Zeitungen, die vom Bundes-Tropf zehren können.
Die ganze Geschichte erscheint mir in etwa so, wie wenn der Bund bewusst nur die Coop-Gruppe, die Alkohol verkauft, subventionieren würde, aber die Migros nicht. Die Coop-Gruppe könnte durch diese Subventionen alles günstiger anbieten und die Verluste vom Bund ausgleichen lassen, aus dem Vollen schöpfen und Riesengewinne machen. Die Migros hingegen müsste für alles selber aufkommen, sich überall einschränken und mittels massiven Sparmassnahmen Verluste vermeiden. Das ist zum Glück nicht so, denn wenn das tatsächlich so wäre, würde der Markt unverhältnismässig verzerrt und eine der beiden würde mittelfristig, politisch gesteuert, vom Markt verschwinden. Kein Politiker käme auf so eine Idee. In der Zeitungslandschaft geschieht aber genau das.
Wie konnte es so weit kommen, dass in der Schweiz so etwas möglich ist? In einer Schweiz, die sich immer dafür stark machte, nur dort in wirtschaftliche Gefüge einzugreifen und regulierende Macht auszuüben, wenn es absolut notwendig war? Wie kann es sein, dass mir Sozialpolitiker ohne Begründung unumwunden erklären können, dass nur abonnierte Zeitungen unterstützungswürdig seien, und dabei in Kauf nehmen, dass dadurch tausende Arbeitsplätze verloren gehen? Wo bleibt da die soziale Verantwortung und wer finanziert das?
Wenn man mit Politikern über dieses Missverhältnis diskutieren möchte, wird man auf den Entscheid des Parlaments verwiesen, erhält aber keine stichhaltigen Gründe, und sie reden um den heissen Brei. Genauso schlimm ist es, wenn man mit dem BAKOM die Situation besprechen möchte. Das BAKOM geniesst in gewissen Belangen Freiheiten in seinen Entscheiden, lässt aber ebenfalls nicht mit sich reden. Da werden fadenscheinige Ausreden hervorgeholt oder ein Gerichtsentscheid als Begründung zitiert, der besagt, dass das BAKOM in diesem Belang frei in seinen Entscheiden sei. Somit entziehen sich die Verantwortlichen des Bundes einer echten und stichhaltigen Begründung. Es könnte ja sein, dass zu Tage kommt, dass diese Entscheide subjektiv sind.
Aus meiner Sicht muss ein Stopp der Subventionen her. Nur so zeigt sich, welcher Zeitungsverlag, egal welcher Machart, wirtschaftlich besser arbeitet und daher eine Existenzberechtigung hat. Die bewusste Schaffung von ungleich langen Spiessen ist eine Frechheit und entbehrt jeder Vernunft. Als Verlagsmitglied des VSRM (Verband Schweizer Regionalmedien) werden wir politisch alles unternehmen, um dieser Ungleichbehandlung entgegenzuwirken. Im schlimmsten Fall muss das Volk nochmals darüber entscheiden, ob die Presse überhaupt noch subventioniert werden soll. Entweder alle oder niemand! Die Begründungen, dass abonnierte Zeitungen gefördert werden sollen, um die vierte Gewalt zu stärken, ist völliger Unsinn. Durch Subventionen ist noch keine Redaktion besser geworden. Im Gegenteil: Eine Subvention lässt diese sogar erlahmen. Eine Redaktion muss sich nicht mehr wirklich um Qualität bemühen, denn die Gelder fliessen ja sowieso. Entweder, eine Zeitung macht einen guten Job und hat die Leser, die sie zum Überleben braucht, oder ihre Existenz ist infrage gestellt. Subventionen sind somit ein ungeeignetes Mittel, um die redaktionelle Qualität als vierte Gewalt zu fördern oder zu erhalten.
Ich habe mich schon oft gefragt, weshalb viele Politiker, egal ob aus Bund, Kantonen oder Gemeinden, so vehement an dieser Presseförderung festhalten wollen. Es gibt eigentlich nur eine nachvollziehbare Erklärung: Keine Presse: Keine Werbung für Wiederwahlen? Politiker brauchen u.a. die Zeitungen, um auf sich aufmerksam zu machen. Die ständige Präsenz in den Medien hilft dabei, dass sie sich in den Köpfen der Wähler verankern und so die Wiederwahl gesichert wird.