(pd) «Es sei nicht das Ende eines Bauwerks, sondern der Anfang eines Naturparks» erinnert Alt-Regierungsrat Ulrich Siegrist im Oktober 2021, während er mit weiteren Involvierten die Erinnerungsstätte für etwas einweiht, das nicht stattgefunden hat: den Bau der Autobahn A3 durch das Sagemülital. Der Widerstand gegen das Bauprojekt in den 1980er-Jahren war erfolgreich. Und doch rollen im Juli 2025 Bagger an – diesmal für die Natur.
Quellfluren, lichte Wälder, Magerwiesen und der namensgebende Sagemülibach – das Tal besticht durch seine Vielfalt unterschiedlicher Lebensräume und das Vorkommen selten gewordener Amphibienarten. Wie so viele Gewässer im Schweizer Mittelland mäandriert auch der Sagemülibach nicht mehr frei durch den Talboden, sondern wurde in den 1880er-Jahren seit-lich an den Hang versetzt. Um das dadurch verlorene Feuchtgebiet zu renaturieren, hat Pro Natura Aargau zusammen mit der Abteilung für Landschaft und Gewässer des Kantons Aargau ein gemeinsames Projekt für ein neues Feuchtgebiet im Sagemülital lanciert.
Sabin Nater, Sektionsleiterin Natur & Landschaft des Kanton Aargaus, erklärt: «Das Projekt ist aus Sicht des Natur- und Landschaftsschutzes sehr zu begrüssen. Im Sagemülital bietet sich jetzt die Chance, die wertvollen Feuchtlebensräume wiederherzustellen und mit umlie-genden Lebensräumen und Schutzgebieten zu vernetzen. Da die Massnahmen auf Kantonsland umgesetzt werden, sind sie auch langfristig gesichert».
Ein neues Feuchtgebiet entsteht
Zuerst wurde die Möglichkeit einer Rückverlegung des Sagemülibachs geprüft. Ein neues Bachbett wird es nicht geben. Basierend auf einem Variantenstudium des Wasserbau-Ingenieurbüros Hunziker, Zarn & Partner AG und der creaNatira GmbH wurde festgestellt, dass massive Verbauungen notwendig gewesen wären, um den Bach zu stabilisieren und ungewollte Tiefenerosion zu verhindern. Stattdessen wird ein Abflussschacht eingebaut, der bei hohem Wasserstand Wasser über die Wiese in neu angelegte Flutmulden leitet.
Ideal für gefährdete Pionierarten
Matthias Betsche, Geschäftsführer Pro Natura Aargau freut sich über die Entstehung dieses neuen Feuchtgebiets: «Es entsteht hier ein wechselfeuchter Lebensraum, wie er im Mittelland rar geworden ist – ideal für gefährdete Pionierarten wie die Kreuzkröte, die Gelbbauchunke oder die Sumpf-Heidelibelle, die auf flache und nur temporär wasserführende Gewässer ange-wiesen sind. Mit diesem Projekt leisten wir einen Beitrag an den vom Grossen Rat einstimmig beschlossenen Auftrag an den Kanton Aargau, 1000 Hektaren feuchte Lebensräume zu schaffen.» Zusätzlich werden bestehende, ganzjährig wasserführende Tümpel saniert, neue angelegt und der Landlebensraum wird mit Kleinstrukturen aufgewertet. Dies fördert insbesondere die Geburtshelferkröte, deren Larven im Wasser überwintern, während sich die adulten Tiere geeignete Verstecke an Land suchen.
Baustart
Noah Meier, Projektleiter der creaNatira, führt aus: «Mit Erhalt der Baubewilligung für diese ökologische Aufwertung steht nun der Weg für den Baustart frei. Die Meyer Bau AG, welche die Erdarbeiten ausführt, konnte mit den Arbeiten soeben beginnen. Diese sollen bis Ende Oktober 2025 abgeschlossen werden. Sodann können die weiteren Bauarbeiten für die Entstehung des neuen Feuchtgebiets in Angriff genommen werden.»