Insgesamt 1774 Fälle hat die Polizei Oberes Fricktal im Jahr 2021 behandelt. Das sind 14,5 Prozent mehr als 2020 und bereits wieder so viele wie vor der Corona-Pandemie, wie Polizeichef Werner Bertschi an der jährlichen Präsentation des Jahresberichts festhielt. Einen traurigen neuen Höhepunkt haben im vergangenen Jahr die Fälle von häuslicher Gewalt erreicht, die ohnehin seit Jahren am Steigen sind.
SONJA FASLER HÜBNER
Von den insgesamt 1774 Fällen, welche die Polizei im vergangenen Jahr in den 21 Gemeinden behandelt hat, entfallen wie gewöhnlich die meisten auf die Zentrumsgemeinden. Spitzenreiter ist Frick, gefolgt von Laufenburg. «Einen auffälligen Zuwachs gab es in Kaisten», stellt Werner Bertschi fest, der sich den dortigen sprunghaften Anstieg von Fällen verschiedenster Art nicht erklären kann. Mit einer uniformierten Präsenz von 43 Prozent sei es im vergangenen Jahr erneut gelungen, die geforderten 30 Prozent klar zu übertreffen, so ein zufriedener Polizeichef. Die Corona-Pandemie habe auch 2021 die Polizeiarbeit geprägt. Oberste Priorität habe immer die Einsatzfähigkeit des Korps gehabt, welche dank Maskenpflicht und den entsprechenden Vorsichtsmassnahmen trotz einzelner coronabedingter Ausfälle immer gewährleistet war.
Oft ist Alkohol im Spiel
Nebst der allgemeinen Polizeiarbeit hatte die Polizei Oberes Fricktal im vergangenen Jahr ein besonderes Augenmerk auf Littering, Sachbeschädigungen und Betäubungsmittelkonsum und führte gezielte Kontrollen durch. Dies geschah vor allem an sogenannten «Hotspots», also an Orten, die in Polizeikreisen bekannt dafür sind, dass sich dort insbesondere an Wochenenden Jugendliche und junge Erwachsene treffen. Dazu gehören unter anderem die Bahnhöfe Frick und Laufenburg. Nicht selten spiele dabei übermässiger Alkohol- und Betäubungsmittekonsum eine Rolle, erklärte Polizeichef Werner Bertschi, der mit Bedauern feststellen muss, dass immer wieder hochprozentige alkoholische Getränke an Jugendliche abgegeben würden. In diesem Zusammenhang setzt die Polizei aber nicht nur auf Repression, sondern auch auf Prävention. Bei der Polizei Oberes Fricktal sind drei speziell ausgebildete Jugendpolizisten, die unter anderem in Oberstufenklassen Unterricht zu Themen wie Cybercrime, Betäubungs-/Suchtmittel und Gewalt durchführen. Insgesamt gab es im vergangenen Jahr 36 Anzeigen wegen Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz.
Kaum Verstösse gegen das Covid-Gesetz
Insgesamt zurückgegangen gegenüber 2020 sind die Ordnungsbussen, nämlich von 3134 auf 2308. Dies steht in direktem Zusammenhang mit der beendeten Sanierung der K130 in Laufenburg. Viele Fahrverbote in diesem Zusammenhang seien reihenweise umgangen worden, weiss Werner Bertschi. Bei den kantonalen Gesetzen gab es dafür einen massiven Anstieg, und zwar wegen Verstössen gegen das Littering-Gesetz. Jemanden in flagranti zu erwischen, sei nicht ganz einfach, sagt Werner Bertschi. Wenn es doch gelingt, wird es mit 300 Franken richtig teuer für den Betreffenden. Insgesamt wurden letztes Jahr 24 Littering-Bussen ausgesprochen. Hingegen gab es viel weniger Bussen wegen Verstössen gegen das Covid-Gesetz. Maskenpflicht und Abstandsregeln seien im vergangenen Jahr recht gut eingehalten worden, so Werner Bertschi. Ausserdem habe man mit Augenmass gehandelt und eher Verwarnungen ausgesprochen als Bussen verteilt. «Bei einem Thema, das so polarisiert, ist Fingerspitzengefühl gefragt.»
75 Fälle von häuslicher Gewalt
Einen traurigen Höhepunkt erreichten die Fälle von häuslicher Gewalt mit 75 gegenüber 68 im Jahr 2020. Das ist ein sattes Plus von 10 Prozent. Und die Zahl sei leider seit Jahren im Steigen begriffen. «Die Fälle reichen von verbalen Streitigkeiten bis hin zu tätlichen Auseinandersetzungen. Ein neues Phänomen, das wir beobachten, ist die Zunahme von Gewalt von Kindern, insbesondere Jugendlichen, gegenüber ihren Eltern», weiss Werner Bertschi, der nicht genau sagen kann, woran dies liegt. Ein Zusammenhang mit der Corona-Pandemie schliesst er nicht aus. Der Polizei komme in solchen Fällen eine besonders heikle Rolle zu. «Wir sind die Einzigen, die die Situation vor Ort sehen, müssen diese beurteilen und entscheiden, ob es eine Meldung ans KESB braucht.» Gerade wenn Kinder involviert seien, müsse man nochmals genauer hinschauen. Es gebe immer wieder Orte, wohin man mehrfach ausrücke. Allerdings könne das Auftauchen der Polizei auch die positive Auswirkung haben, dass sich die Lage danach entspanne. «Ich hoffe, dass die Entwicklung im Bereich der häuslichen Gewalt nicht in dem Masse weitergeht wie bisher», meint Werner Bertschi besorgt.
Mehr E-Bike-Diebstähle
«Im Bereich Einbrüche war es bis im Herbst eher ruhig, was sich dann aber schlagartig änderte», wusste der Polizeichef zu berichten. Dabei waren Diebstähle aus Kellern und Garagen ein Thema. Vor allem E-Bikes sind eine beliebte Beute. Während sich früher die gestohlenen und wiedergefundenen Fahrräder in etwa die Waage hielten, verschwinden viele E-Bikes auf Nimmerwiedersehen. «76 wurden gestohlen, beispielsweise an Bahnhöfen, nur 47 tauchten wieder auf.» Werner Bertschi vermutet, dass hier Diebesbanden am Werk sind, die es gezielt auf E-Bikes im Hochpreissegment abgesehen haben. Leider notierten sich viele Fahrradbesitzer weder die Rahmennummer ihres Zweirads noch hätten sie ein Foto, was es natürlich schwierig mache, ein Fahrrad seinem Eigentümer zuzuordnen. «Eine verpasste Chance», bedauert der Polizeichef.
Alle Veloprüfungen nachgeholt
Für den Bereich Verkehrsinstruktion wendeten die Instruktoren 2021 massiv mehr Stunden auf als im Vorjahr, was vor allem daran liegt, dass 2020 aufgrund der Pandemie keine Veloprüfungen standfanden und diese nun allesamt nachgeholt wurden. Auch der Verkehrsunterricht in Kindergärten und Schulen habe weitestgehend wieder normal durchgeführt werden können.
Neue Radaranlage bewährt sich
Obwohl im vergangen Jahr mit 122 Geschwindigkeitskontrollen etwas weniger als im Vorjahr (167) durchgeführt wurden, gab es bei der Anzahl der gemessenen Fahrzeuge einen markanten Anstieg von 131 270 auf 266 306 Fahrzeuge.
«Das liegt an unserer neuen semistationären Radaranlage, welche seit September nebst den mobilen Geräten zum Einsatz kommt», erklärt Werner Bertschi. Interessant dabei ist, dass die Zahl der Übertretungen im unteren Bereich von
1 bis 10 km/h in etwa gleich geblieben ist, während die Zahlen im oberen Bereich ab 11 bis 15 km/h und noch mehr im Bereich über 15 km/h emporgeschnellt sind. Das heisst, die neue Anlage bewährt sich. «Unser Ziel ist es nicht, möglichst viele Bussen auszustellen, sondern diejenigen aus dem Verkehr zu ziehen, die massiv zu schnell unterwegs sind», so Bertschi. Littering, Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz und Verkehrssicherheit im Fokus
Littering und Verstösse gegen das Betäubungsmittelgesetz werden auch im aktuellen Jahr zu den Schwerpunkten der Polizei Oberes Fricktal gehören. Ziel seien, wie schon 2021, die präventiven Kontrollen von bekannten Treffpunkten, den sogenannten «Hotspots», in den verschiedenen Gemeinden.
«Das zweite Jahresziel ist die Verbesserung der Verkehrssicherheit in Bezug auf die Einhaltung von Verkehrsregeln im Bereich Langsamverkehr», betont Polizeichef Werner Bertschi und meint damit Fahrräder, Elektroroller, E-Scooter, aber auch sogenannte fahrzeugähnliche Geräte wie beispielsweise Kickboards oder Skateboards. So sei vielen Benutzern von E-Scootern etwa nicht bewusst, dass diese erst ab 14 Jahren, uneingeschränkt sogar erst ab 16 Jahren gefahren werden dürften – und zwar nicht auf dem Trottoir, sondern auf der Strasse. Oder bei vielen Kickboards, mit denen oft Schüler unterwegs sind, fehle die Beleuchtung, also vorne ein weisses, hinten ein rotes Licht. Neu müssen ab April alle E-Bike-Fahrer auch tagsüber mit Licht unterwegs sein. «Die Leute sind zum Teil schlecht informiert, und auch wir müssen schauen, dass wir bei diesem steten Wandel an immer neuen Fahrzeugen den Überblick bewahren.» Nichtwissen schützt nicht vor einer Busse.
Lob fürs Team
Einmal mehr war der Polizeichef des Lobes voll über sein Team, das derzeit nebst ihm aus 16 Mitarbeitenden besteht. «Ohne dieses überdurchschnittlich motiviert Team, welches täglich sämtliche Herausforderungen aus dem ganzen Spektrum der Polizeiarbeit anpackt und meistert, käme ein solches Arbeitsergebnis nicht zustande», betonte er.
Per Ende August trat mit Michael Schoch ein langjähriger Mitarbeiter des Korps in den Ruhestand. Er wurde durch Petra Hürlimann ersetzt. Zudem trat Jennifer Schmid ins Korps ein, welche an der interkantonalen Polizeischule in Hitzkirch die insgesamt zweijährige Ausbildung absolviert.
Um das Team, welches seit Dezember in neuer, funktionaler und gesamtschweizerisch einheitlicher Uniform daherkommt, wieder zu vervollständigen – Anfang Jahr gab es mit Nicole Strüver einen Abgang – wird ein weiterer Aspirant für die Ausbildung zum Polizisten gesucht. «Jedes Polizeikorps sollte den eigenen Nachwuchs ausbilden», ist Werner Bertschi überzeugt.
Bilder:
- Insgesamt 1774 Fälle hat die Polizei Oberes Fricktal in den 21 Gemeinden im Jahr 2021 behandelt. Etwa wieder so viele wie vor der Corona-Pandemie, wie Polizeichef Werner Bertschi (hier im Bild mit einem Einsatzfahrzeug) an der jährlichen Präsentation des Jahresberichts festhielt.
-Auch im kommenden Jahr will die Polizei Oberes Fricktal die «Hotspots» der Region im Auge behalten.
Fotos: Sonja Fasler