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Benjamin Neale, Peter Knorre, Lino Meyer, Ils van Looveren, Florian Mumenthaler, Peter Geiselhart und Rafael Rüedishüsli (v.l.) sind überzeugt, dass Fussball auch fair geht. Foto: Jörn Kerckhoff

Fairplay zählt genauso viel wie ein Tor: Kommunen im Fricktal und am Hochrhein wollen beweisen, dass Fussball auch anders geht

Fussball ist die meistgesprochene Sprache der Welt. Einfache Regeln – mal abgesehen vom Abseits – überwinden jede Sprach- oder sonstige Barriere. Und weil Fussball so eine einfache Sache ist, können durch ihn auch Unterschiede und Grenzen überwunden werden. Im Profifussball ist das zwar leider nicht sehr oft zu erkennen, doch die Jugendarbeiter Peter Geiselhart (Rheinfelden/Schweiz), Benjamin Neale (Möhlin), Florian Mumenthaler (Pratteln), Ils van Looveren und Rafael Rüedishüsli (beide Binningen/Bottmingen), Peter Knorre (Bad Säckingen) sowie Lino Meyer von der Kinder- und Jugendförderung infoklick.ch sind überzeugt, dass Fussball tatsächlich dazu angetan ist, Werte wie Fairplay und das Überwinden von Unterschieden zu vermitteln. Ob sie Recht behalten, werden die vier Qualifikationsturniere zum Regio-Cup Nordwestschweiz zeigen. Die Schirmherrschaft hat dabei die Laureus-Stiftung inne.

JÖRN KERCKHOFF

Sieht man Profis beim Fussballspiel zu, hat das mit Fairplay oft nicht viel zu tun. Statt einer Entschuldigung nach einem Foul gibt es oft noch gegenseitige wütende Beschimpfungen, nach einem kleinen Rempler wird eine grosse Verletzung vorgetäuscht, um eine Bestrafung für den vermeintlichen Übeltäter zu provozieren, und der Zupfer am Trikot – das berühmte taktische Foul, um einen schnellen Konter zu unterbinden – wird schon in den Jugendabteilungen der Vereine gelehrt.

Der Beste ist eine Frage der Definition
Dass Fussball aber auch anders funktionieren kann, will die Laureus-Stiftung mit dem den Streetsoccer-Turnieren zeigen, die in der gesamten Schweiz stattfinden. Die Laureus-Stiftung engagiert sich besonders im Bereich der Jugendsportförderung. Zunächst gibt es kleine Qualifikationsturniere, dann geht es zum Regio-Cup, bevor sich die besten Teams dann beim Swiss-Cup messen. Und von denen dürfen die besten dann wiederum zum Intercity-Cup nach Deutschland. «Die Besten» bedeutet in diesem Fall aber nicht nur im sportlichen Sinn. Punkte gibt es nämlich nicht nur für einen Sieg, sondern auch für besonders faires Verhalten auf dem Platz. So können sich auch Mannschaften, die besonders fair spielen, für das nächsthöhere Turnier qualifizieren. Klingt erstmal komisch, ist aber so.

Selbstbestimmung ist ein Schlüssel zum Erfolg
Der Umgang untereinander ist bei diesen Streetsoccer-Turnieren tatsächlich genauso wichtig, wie das Toreschiessen. «Die Spieler selbst und ein Beobachter vergeben Punkte für das Fairplay», erklärt Peter Knorre vom «Alten Gefängnis» in Bad Säckingen dazu. Peter Geiselhart von der Jugi im Augarten in Rheinfelden ergänzt: «Wichtig ist dabei, dass wir den Kindern und Jugendlichen die Regeln nicht einfach vorgeben, für die es dann Punkte gibt. Sie bestimmen selbst, welche Regeln ihnen besonders wichtig sind. Dazu kann zum Beispiel gehören, dass man nach einem Spiel, bei dem es auch ruppig zur Sache geht, dem Gegner die Hand reicht und sich für das Spiel bedankt oder für ein hartes Einsteigen entschuldigt.» Alle beteiligten Jugendhäuser wollen den Kindern und Jugendlichen auf diese Weise nicht nur Fairplay auf dem Fussballplatz sondern für alle Lebensbereiche vermitteln. Daher gibt es bei den Qualifikationsturnieren auch keinen Schiedsrichter. Strittige Situationen müssen die Mannschaften untereinander klären.

Kampf gegen schlechte Vorbilder
Und das soll funktionieren? In einer Gesellschaft, in der vor allem das Gesetz des Stärkeren gilt, in der Bankchefs ungeniert Bordellbesuche als Geschäftskosten abrechnen, und in der Gangsterrapper den Eindruck vermitteln, dass man eigentlich richtig böse sein muss, um Erfolg im Leben zu haben? Wobei Erfolg vor allem am Kontostand gemessen wird. Mit solchen Vorbildern sollen Kinder und Jugendliche glauben, dass Fairplay der richtige Weg im Leben ist? «Die Realität auch unter den Jugendlichen sieht oft anders aus, deswegen haben wir Jugendarbeiter alle einen Job», macht Peter Geiselhart deutlich, dass Fairplay tatsächlich nicht immer die treibende Kraft ist. Dennoch sind er und seine Kollegen davon überzeugt, dass sie mit diesen Turnieren die Kinder und Jugendlichen erreichen. Dass dies so sei, zeige schon die Beteiligung an den Turnieren in der Zeit vor Corona. Bis zu 65 Teams nahmen da an den Qualifikationsturnieren im Fricktal und am Hochrhein teil. Und schliesslich wissen alle Spielerinnen und Spieler, dass Fairplay mindestens so wichtig ist wie Tore. Wer dort mitmacht, weiss also worauf er sich einlässt. «Es waren sogar oft Jugendliche, die es sonst nicht so damit haben, sich an Regeln zu halten, und auch in Vereinen oft nicht so gut klarkommen», berichtet Peter Geiselhart. «Wir wollen keine Konkurrenz zum Vereinsfussball sein, sondern eine Ergänzung», ergänzt Peter Knorre dazu – selbst viele Jahre Vereinsfussballer.

Jeder zwischen zehn und 21 ist angesprochen
Ein weiterer wichtiger Punkt bei den Turnieren sei, dass jeder angesprochen sei – auch Kinder und Jugendliche mit irgendeiner Form von Beeinträchtigung. Und auch die Integration spiele eine ganz grosse Rolle. So würden im Vorfeld Flüchtlingsheime der Region kontaktiert, um die Zehn- bis 21-Jährigen zu informieren und aufzufordern ein Team zu melden, erläutert Lino Meyer, der die Gesamtleitung der Turniere in der Schweiz innehat. Pro Team sind vier Spieler plus zwei Ergänzungsspieler erlaubt. «Wenn es insgesamt sieben sind, werden wir aber auch nicht einen von ihnen wegschicken», sagt Florian Mumenthaler mit einem Augenzwinkern. «Finanziert wird das Ganze von der Laureus-Stiftung», erklärt Lino Meyer. So werden auch allfällige Reisekosten übernommen. Es gibt keine Startgebühren und auch keine Geldpreise, auch das soll von vornherein die Aggressivität etwas aus dem Spiel nehmen.
Start der vier Qualifikationsturniere ist bereits diesen Sonntag, 1. Mai, in Pratteln. Eine vorherige Anmeldung ist für dieses Turnier nicht notwendig, Einschreiben können sich die Teams ab 12.30 Uhr, Turnierstart ist um 13.30. Die weiteren Turniere finden am 10. Juni in Binningen, am 18. Juni in Möhlin und am 25. Juni in Bad Säckingen statt. Der Regio-Cup Nordwestschweiz mit den besten und fairsten Mannschaften soll am 18. September in Pratteln ausgetragen werden, für die weiteren Turniere stehen Zeit und Ort noch nicht endgültig fest. Gespielt wird in den Kategorien Männlich: U12 (Jahrgang 2010 und jünger), U14 (2008 und jünger), U16 (2006 und jünger), Ü16 (2005 bis 21 Jahre); Weiblich: U15 (2007 und jünger), Ü15 (2006 bis 21 Jahre).

Informationen zu den Turnieren gibt es unter folgenden E-Mail-Adressen und Telefonnummern:
Benjamin Neale (Möhlin) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; +41 7753 904 16
Peter Geiselhart (Rheinfelden) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; +41 615 562 435
Florian Mumenthaler (Pratteln) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; +41 791 260 200
Ils van Looveren (Binningen/Bottmingen) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; +41 798 776 143
Peter Knorre (Bad Säckingen) Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; +49 7761 3610

Bild: Benjamin Neale, Peter Knorre, Lino Meyer, Ils van Looveren, Florian Mumenthaler, Peter Geiselhart und Rafael Rüedishüsli (v.l.) sind überzeugt, dass Fussball auch fair geht. Foto: Jörn Kerckhoff