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Die Referenten des Abends, von links: Andreas Conzelmann (Geschäftsführer der Jakob Müller AG), Simone Tschopp (Psychologin und Coach), Niklaus Leemann (Strategieberater), Dani Fohrler (Moderator von Radio SRF 1) und Françoise Moser (Präsidentin von Fricktal Regio).
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Chancen und Risiken des Wandels – Fricktaler Wirtschaftsforum in Stein

(mig) Wirtschaft und Gesellschaft sind einem raschen Wandel unterworfen, der mit Chancen, aber auch Herausforderungen verbunden ist und bei nicht wenigen Menschen Ängste auslöst. Beim Fricktaler Wirtschaftsforum am Donnerstag im Saalbau zu Stein zeigten Experten Möglichkeiten auf, wie man diesem Wandel erfolgreich begegnen kann. Zahlreiche Bürger und Wirtschaftsvertreter waren der Einladung gefolgt.

Moderator Dani Fohrler von Radio SFR 1 verwies auf die «tollen Entwicklungen», gerade im Bereich der Technologien, und versuchte, dem Forum eine positive Grundstimmung zu vermitteln. Er verschwieg nicht die Schattenseiten des Wandels wie die Befürchtung, dass die Künstliche Intelligenz dem Menschen auf seinem ureigensten Gebiet Konkurrenz machen könnte, oder – ganz aktuell – die von den USA eingeführten Zölle auf importierte Schweizer Produkte, hatte aber eine beruhigende Botschaft: Altbewährtes werde auch in Zukunft seinen Platz haben.

Die Sicht der Psychologin

Die Psychologin Simone Tschopp erklärte, dass das menschliche Gehirn «ungern» von tradierten Denkmustern und Verhaltensweisen abweiche. Eine Umstellung werde durch Wiederholungen und Belohnungen erleichtert, und vor allem «müssen die Menschen einen Sinn in der Umgewöhnung erkennen». Für die Firmen bedeute dies, dass sie die Mitarbeiter bei Veränderungsprozessen mitnehmen und eine klare Vision vorgeben und kommunizieren müssten, was Empathie und emotionale Qualitäten auf Seiten der Führungskräfte erfordere. «Wenn ich weiss, was das Ziel ist, dann bin ich eher bereit, die Anstrengung einer Veränderung auf mich zu nehmen», erklärte Simone Tschopp. Dass der Wandel gelingen könne, hätten frühere Generationen bewiesen, denn: «Die Menschen mussten schon immer flexibel sein und sich auf Neues einstellen.»

Das Beispiel der Jakob Müller AG

Als Praktiker war Andreas Conzelmann, der Geschäftsführer der Jakob Müller AG, eingeladen. Der 138 Jahre alte Hersteller von Textilmaschinen aus Frick sieht sich gleich mehreren Herausforderungen gegenüber: Einer lebhaften Konkurrenz und dem sogenannten «Zollhammer» von fast 40 Prozent. «Wir haben zuerst eine Standortbestimmung vorgenommen, den Veränderungsbedarf identifiziert, aber auch festgestellt, was gut lief – und dies wollen wir unbedingt erhalten.» Weil das Unternehmen zu gross und nicht überall produktiv gewesen sei, habe man einige Produkte aus dem Sortiment genommen und schmerzhafte Entscheidungen wie die Schliessung zweier Werke (in Deutschland und Tschechien) getroffen. Um die Belegschaft von der Notwendigkeit des Wandels zu überzeugen, habe man ein Team von 20 Mitarbeitern («Change Agents») gebildet. Im Hinblick auf die Zollpolitik der USA riet er, nicht in Panik zu verfallen: «Den Aufschlag von fast 40 Prozent werden wir den Kunden in den USA in Rechnung stellen, und viele sind bereit, die Preiserhöhung zu akzeptieren.»

Die Sicht des Strategieberaters

Weisse Turnschuhe sind ein Sinnbild der neuen Unternehmenskultur.Niklaus Leemann hatte eine klare Botschaft: «Der Wandel wird durch externe Faktoren beeinflusst und findet mit oder ohne uns findet statt, daher wäre es Energieverschwendung, sich dagegen zu wehren.» Für Unternehmen sei es entscheidend, auf die zukunftsfähigen Trends zu setzen, was freilich für denjenigen, der mitten im Wandel stehe, nicht einfach sei, da sich Entwicklungen oft erst im Nachhinein klar erkennen liessen. So ging ein namhafter und auf seinem Spezialgebiet innovativer Hersteller von elektrischen Schreibmaschinen unter, weil er die Bedeutung des Computers unterschätzt hatte. Ein grosses Medienhaus hatte hingegen die Verschiebung von Print- zu Online-Medien vorhergesehen und sich erfolgreich angepasst.
Neue Technologien erforderten grosse Investitionen, die von den bisherigen Geschäftsmodellen erwirtschaftet werden müssten, selbst wenn diese «kannibalisiert» würden, erklärte Niklaus Leemann. Er riet, die neuen und alten Bereiche zu separieren: «Die neuen Geschäftsfelder denken anders als die etablierten und zeichnen sich durch eine andere Unternehmenskultur aus.» Es habe daher wenig Sinn (symbolisch gesprochen), «einen traditionellen Geschäftsführer in weisse Turnschuhe zu stecken».

Die Diskussion

Zahlreiche Besucher waren zum Fricktaler Wirtschaftsforum gekommen. Der Unternehmer Christoph Grenacher wies darauf hin, dass die zahlreichen kleinen und mittleren Unternehmen im Fricktal nicht nur mit technologischem Wandel, sondern auch mit Fachkräftemangel konfrontiert seien. «Eine gute Unternehmenskultur ist ein entscheidender Faktor, um Mitarbeiter zu gewinnen.»

Dani Fohrlers Frage, ob man lernen könne, den Wandel zu lieben, wurde von Simone Tschopp bejaht: «Das kann man trainieren, und wichtig dabei ist die Allianz von Neuem und Vertrautem.» Das Management müsse zudem bei falschen Entscheidungen die Bereitschaft zur Selbstkorrektur aufbringen. Zum Abschluss des Forums drückte Françoise Moser, Präsidentin von Fricktal-Regio, die Hoffnung aus, «dass wir Ihnen die Angst vor dem Wandel genommen haben».

Erstes Bild: Die Referenten des Abends waren, von links: Andreas Conzelmann (Geschäftsführer der Jakob Müller AG), Simone Tschopp (Psychologin und Coach), Niklaus Leemann (Strategieberater), Dani Fohrler (Moderator von Radio SRF 1) und Françoise Moser (Präsidentin von Fricktal Regio).
Zweites Bild: Weisse Turnschuhe sind ein Sinnbild der neuen Unternehmenskultur.
Drittes Bild: Zahlreiche Besucher und Wirtschaftsvertreter waren zum Fricktalforum gekommen. 
Fotos: Michael Gottstein