(mb) Wann haben Sie das letzte Mal im Aargau eine natürlich sprudelnde Quelle gesehen? Natürliche und ungestörte Quell-Lebensräume sind sehr selten geworden. Dank der 150 Freiwilligen, welche für Pro Natura Aargau und den Kanton Aargau kartiert haben, liegt nun ein Inventar der Aargauer Quellen vor.
Quellen, die als Trinkwasserspender dienen, sind für uns alle wichtig. In der Schweiz leben aber auch etwa 100 verschiedene Tierarten in Quellen. Diese Tiere, wie zum Beispiel die Larven der Quelljungfer-Libelle und bestimmter Arten von Stein- und Köcherfliegen, sind genau an diesen besonderen Lebensraum angepasst. Quellwasser weist entscheidende Unterschiede zu Bachwasser auf: Es ist permanent kühler, hat weniger Sauerstoff und enthält weniger Nährstoffe. Diese Bedingungen sind so speziell, dass im Quellwasser nur daran angepasste Tierarten überleben können.
In der Vergangenheit sind aber zahlreiche Quellen aus unserer Landschaft verschwunden. Damit fehlen auch die Lebensräume vieler Tierarten. Auch im Kanton Aargau wusste man bis vor Kurzem nicht, wo die letzten natürlichen Quellen noch sprudeln. Um dies herauszufinden, haben Pro Natura Aargau, der Kanton Aargau und der Jurapark Aargau in den Jahren 2021 bis 2024 ein mehrjähriges Kartierungsprojekt durchgeführt, welches nun abgeschlossen ist.
Wertvoller Datenschatz dank Freiwilligen
«Nur dank dem riesigen Engagement unserer Freiwilligen war es möglich, dass die wir diese kantonsweite Kartierung durchführen konnten. Insgesamt haben sie ganze 7600 mögliche Quellstandorte besucht und kartiert», meint Marianne Rutishauser, die verantwortliche Projektleiterin bei Pro Natura Aargau. «Die gesammelten Daten dienen nun als wichtige Grundlage für den Schutz und die Förderung der Quell-Lebensräume. Erste Gemeinden sind bereits daran, sie in ihre Naturinventare zu übernehmen. Das ist sehr erfreulich.»
Selten und bedroht
Die Resultate des Quell-Inventars sind bedenklich: Nur noch ein Fünftel der Quellen sind in natürlichem oder – im zweitbesten Fall – nur in beeinträchtigtem Zustand. Mindestens drei Viertel der Quell-Lebensräume im Aargau sind aber zerstört und bieten keinen oder kaum noch Lebensraum für die stark gefährdeten Quelltiere. Beim Anteil der verschwundenen Quellen gibt es aber eine hohe Dunkelziffer, da noch lange nicht alle Drainagen und Quellfassungen bekannt sind. «Wer im Aargau eine natürliche Quelle finden möchte, hat im Wald die besten Chancen», erläutert Marianne Rutishauser. «Im Rahmen unseres Inventars haben wir zusätzlich einige Quellen genauer untersucht und konnten nachweisen, dass eine dieser Quellen gar nationale Bedeutung aufweist. Diese befindet sich in einem Naturwaldreservat». Aber auch im Offenland finden sich noch einige schöne Quellen. Der grösste Teil der natürlichen Quellen ist aber verschwunden und die übriggebliebenen sind oftmals klein und führen nur sehr wenig Wasser. Der Klimawandel wird diesen Negativtrend verstärken.
Entsprechend wichtig ist es, nun auf den Wert der übriggebliebenen Quellen aufmerksam zu machen. Pro Natura Aargau, die Fachstellen des Kantons Aargau und der Jurapark Aargau werden sich auch weiterhin für Quellen einsetzen. Die drei Akteure möchte nun weitere ausgewählte Quellen in Zusammenarbeit mit den Eigentümerinnen und Eigentümern aufwerten und renaturieren. Dabei soll auch erprobt und aufgezeigt werden, wie eine massvolle Wassernutzung und der Erhalt von Quellen als Lebensraum gemeinsam möglich sind.
Weitere Informationen zum Projekt: www.pronatura-ag.ch/de/quellerfassung