Ein Produkt der  
Die grösste Wochenzeitung im Fricktal
fricktal info
Verlag: 
Mobus AG, 4332 Stein
  Inserate: 
Texte:
inserat@fricktal.info
redaktion@fricktal.info
Fricktalwetter
Ein paar Wolken
19.6 °C Luftfeuchtigkeit: 44%

Freitag
5.9 °C | 19.1 °C

Samstag
8.7 °C | 18.6 °C

Pfr. Dr. Luzius Müller (Uni Basel) sprach am Mittwochabend in Zuzgen. Foto: Fritz Imhof
Featured

Heisses Thema Sterbehilfe – Referat in Zuzgen

(im) Ein heikles Thema zog am Mittwoch, 26. April, im reformierten Kirchgemeindezentrum in Zuzgen ein äusserst interessiertes Publikum an. Es ging dabei um «Sterbehilfe aus medizinethischer, rechtlicher und seelsorgerlicher Sicht.»

Der Anlass fand im Rahmen der Kulturreihe der beiden reformierten Kirchgemeinden Wegenstettertal und Möhlin in Zuzgen statt. Der Referent Luzius Müller ist promovierter reformierter Unipfarrer in Basel sowie Seelsorger am St. Claraspital und Koordinator der Ethikkommission am Bethesda-Spital. Nach einer Auslegeordnung der Begriffe wie Passive Sterbehilfe, Aktiv direkte Sterbehilfe, aktiv indirekte Sterbehilfe, Suizidbeihilfe, Sterbefasten und Bilanzsuizid zeigt er die Werte und Kriterien auf, die den Entscheid für Sterbehilfe in irgendeiner Form beeinflussen. Er machte dabei deutlich, dass sowohl das medizinische Personal wie auch Seelsorgende oft vor äusserst schwierigen Entscheidungen stehen, wenn Menschen im Spital oder Heim nicht mehr weiterleben wollen.

Wenige wählen die Suizidbeihilfe
Die Gründe, weshalb Menschen im Spital oder Heim nicht mehr weiterleben wollen, können laut Luzius Müller sehr unterschiedlich sein. Viele möchten noch leben, auch wenn es ihnen objektiv schlecht geht, bei andern ist der Sterbewunsch weniger nachvollziehbar. Das macht die Entscheidung oft schwierig, weshalb sich Ethikkommissionen in den jeweiligen Einrichtungen mit dem Einzelfall beschäftigen und Lösungen suchen. Die Suizidhilfe (von EXIT Sterbehilfe genannt) wird danach relativ selten in Anspruch genommen. Trotz der hohen Mitgliederzahl von rund 150 000 nehmen nur etwa 1 von 50 Sterbenden den Dienst von Exit in Anspruch. Eine Alternative bietet zum Beispiel die palliative Sedierung (aktiv indirekte Sterbehilfe), wobei Schwerkranken so viele Schmerzmittel verabreicht werden, dass sie keine Schmerzen erleben müssen. Dabei kann der Tod unter Umständen schneller eintreten. Müller machte auch deutlich, dass Suizidbeihilfe nicht in der Patientenverfügung eingefordert werden kann, da die Patientenverfügung nur für den Fall gilt, wo der Patient nicht mehr selbst entscheiden kann. Für die Suizidbeihilfe sei jedoch die Urteilsfähigkeit der Sterbewilligen erforderlich.

Sterbefasten als Alternative?
Andere wählen das sogenannte Sterbefasten, das auch von namhaften Medizinern empfohlen wird, indem sie Nahrung und Getränke ablehnen. Müller gab dazu zu bedenken, dass diese Sterbeart anspruchsvoll sei und eine gute fachliche Begleitung erfordere.

Eine seelsorgerliche Sicht
Aus seelsorgerlicher Sicht betonte der Theologe und Ethiker Müller, dass Beziehungen zu Angehörigen und Freunden auch angesichts eines nahenden Todes oft noch intakt bleiben: «Ich kann Vater, Mutter, Freund oder Partnerin bleiben.» Ein assistierter Suizid könne diese Beziehungen verfrüht trennen, wenn der Suizid vor dem Eintreten gravierender Symptome erfolge.
Zur Frage, wie sich die Kirchen zur Suizidbeihilfe stellen, erinnerte Müller daran, dass in der röm.-katholischen Kirche das Lehramt diesen Ausweg verbiete. Im Gegensatz dazu werde in den reformierten Kirchen laufend darüber diskutiert und gestritten, was auch gut sei. Denn: «Es wird gefährlich, wenn wir meinen, wir könnten über das Sterben anderer verfügen.»
Eine biblische Sicht gebe es dazu nicht, wohl aber unterschiedliche christliche Antworten. Müller erklärte dazu, dass die biblischen Autoren das Problem noch gar nicht gekannt hätten. Denn, so der Ethiker: «Aus unserer heutigen Sicht herrschte damals eine gravierende medizinische Unterversorgung.»

Bild: Pfr. Dr. Luzius Müller (Uni Basel) sprach am Mittwochabend in Zuzgen. Foto: Fritz Imhof