Strahlende Gesichter, wo man hinschaute: Die Freude, endlich wieder ein Musical-Projekt in Angriff zu nehmen, war bei Spielern und Bühnencrew der Theaterbühne des Turnvereins Zuzgen am vergangenen Mittwochabend fast greifbar. In acht Monaten, an Silvester 2022, soll das Stück «Bretter, die die Welt bedeuten» Premiere feiern. Und das Besondere daran: Das Stück wird erstmals in der Schweiz aufgeführt.
SONJA FASLER HÜBNER
«Vieles ist schon am Laufen, einiges ist noch offen, aber wir sind bereit zu starten.» Mit diesen Worten begrüsste Simon Hürbin im Namen der Theaterkommission die ganze Crew, die zum Informationsabend im Turnhallen-Mehrzweckraum erschienen war. «Die Bretter, die die Welt bedeuten» hätte eigentlich schon letztes Jahr zur Aufführung kommen sollen, fiel aber der Corona-Pandemie zum Opfer. Jetzt ist es Zeit für einen neuen Anlauf. «Wir werden die Situation rund um Corona aber im Auge behalten», versprach Simon Hürbin, der gleichzeitig Präsident des Turnvereins ist. Anfang Oktober wolle man die Lage nochmals genau anschauen. Man gehe davon aus, es «durchzuziehen», doch das «Worst-Case-Szenario» wäre der Abbruch des Ganzen, gab er unumwunden zu, beschwor seine Mitstreiter aber, diesen Umstand nicht zu sehr im Hinterkopf zu haben, sondern sich jetzt auf die Vorbereitung zu konzentrieren.Angelehnt an «Raub der Sabinerinnen»
Das Musical stammt aus der Feder von Helmut Bez und Jürgen Degenhardt. Dieselben Autoren also, die schon das bekannte Stück «Mein Freund Bunbury» geschrieben haben, welches 2017 auf der Zuzger Bühne zu sehen war. Die Musik stammt von Gerhard Kneifel. Das Musical ist 1970 entstanden, die Handlung zeitlich um 1900 angesiedelt. Inhaltlich lehnt es sich an den Schwank «Raub der Sabinerinnen» an, welcher bereits 1875 geschrieben worden war, und spielt an der Ostsee in Norddeutschland.
Das Stück handelt von der Wandertheatergruppe von Emanuel Striese, das beabsichtigt, Einheimische ins Spiel einzubeziehen. Für eine Gruppe Jugendlicher, die soeben ihr Abitur abgeschlossen hat, ist das die Gelegenheit, dem Alltagstrott zu entfliehen und den Duft der grossen weiten Theaterwelt zu schnuppern. Doch die Erwachsenen sehen das Theater als Sündenpfuhl und damit als Gefahr für die «unschuldigen Jugendlichen». Nachdem die erwachsenen Männer am Studentenabschlussball jedoch die Balletttänzerinnen näher kennenlernen, erleben sie ihren zweiten Frühling. Dummerweise kriegen das ihre eigenen Töchter mit und haben ihre Väter damit in der Hand. So müssen letztere nachgeben, damit ihre Ehefrauen nichts erfahren.
Musicals seit 2008
«Das Musical lebt vor allem von der Situationskomik, vom Spiel miteinander», weiss der Regisseur, der dieses Jahr erstmals von Co-Regisseurin Lea Sigmarsson unterstützt wird. Hürbin ist selber ein erfahrener Theaterspieler und stand ab 1978 auf der Bühne. Später kam das Regieführen dazu. In Zuzgen ist es das dritte Stück, dass unter seiner Leitung einstudiert wird. Die Theatertradition in Zuzgen ist alt. Während früher eher Bauernschwänke aufgeführt wurden, vollzog die Theaterbühne 2008 einen Wechsel zum Musical. «Wir begannen gleich mit einem der bekanntesten hierzulande, der Niederdorfoper», erzählt der Regisseur. Das Rezept hat sich bewährt. Die Aufführungen alle zwei Jahren sind «ganz grosse Kisten», in der beinahe das halbe Dorf involviert ist. Gut hundert Helfer umfasst das Team jeweils. Nebst den Freiwilligen des Ensembles müssen auch noch Externe hinzugezogen werden, etwa für die Technik oder dein Profi-Orchester für die musikalische Begleitung. «Wir rechnen jeweils mit Produktionskosten von rund 100 000 Franken», sagt Martin Hürbin. Obwohl von jeweils 2000 bis 2500 Leuten gut besucht, ginge es laut dem Regisseur nicht ohne grosszügige Sponsoren. «Das erlaubt uns, die Eintrittspreise bewusst tief halten zu können.» Er ist jedenfalls überzeugt, dass auch die neue Produktion beim Publikum gut ankommen wird.
Eingespieltes Team
Im Stück gibt es 13 weibliche und 10 männliche Rollen. Das bringt die Theaterbühne fast etwas an die Grenzen. «Uns fehlen die Männer», bringt es Regisseur Martin Hürbin auf den Punkt. Trotz allem kann er aber auf ein eingespieltes Team zählen, das machte es auch einfach, die Rollen zu verteilen. Schliesslich kenne er «seine Pappenheimer». Auch hinter der Bühne könne man auf die bewährte Crew zurückgreifen. Probebeginn ist am 17. August. zuerst mittwochs und freitags, später kommt noch der Dienstag hinzu. am 26./27. November ist ein Probeweekend geplant. Nun können sich die Darstellerinnen und Darsteller schon mal ins Stück einlesen. Diese Vorbereitung zuhause sei sehr wichtig, betonte die künstlerische Leiterin Daniela Imhof und beschwor die Spielenden bereits vor Probebeginn so viel wie möglich auswendig zu lernen.
Damit die Spieler-Crew einen Vorgeschmack darauf hatte, was musikalisch bzw. gesanglich auf sie zukommt, hatten Simon Hürbin und Tanja Sacher-Hürbin, verantwortlich für Musik und Gesang, bereits im Vorfeld einige Stücke eingespielt – in Ermangelung an sonstigen Aufnahmen. Sogar das Notenmaterial sei eher spärlich und müsse selbst aufgearbeitet werden. «Dass das Stück in der Schweiz uraufgeführt wird, bringt uns schon etwas unter Druck», meinte Simon Hürbin.
Laut Tanja Sacher-Hürbin ist die Musik angelehnt an «Bunbury», vielseitig und eingängig. Die vielen verschiedenen Stilrichtungen wie Ragtime, Tarantella, Ballade, Tango, Foxtrott oder Walzer machten das Musical sehr abwechslungsreich.
Der Vorverkauf beginnt im Oktober. Premiere ist traditionellerweise an Silvester, 31. Dezember; weitere Aufführungsdaten: 6., 7., 8., 13., 14., 18., 20. und 21. Januar 2023. Weitere Informationen im Internet (die Website wird ständig aktualisiert) unter www.theaterzuzgen.ch