Ab dem 1. Januar 2026 könnten die Gemeinden Oberhof und Wölflinswil als eine Gemeinde auftreten – wenn sich die Bürger der beiden Dörfer denn dazu entscheiden sollten. Bis dahin ist es noch ein langer Weg, der durch die Einschränkungen, die die Corona-Pandemie mit sich brachte, auch nicht eben kürzer wurde. Am Dienstag fand nun endlich eine Informationsveranstaltung für die Bürger beider Orte statt, in der ihnen die Machbarkeit einer Fusion vorgestellt wurde. Dazu begrüssten die Gemeindeammänner Giuliano Sabato (Wölflinswil) und Roger Fricker (Oberhof) den Referenten Martin Hitz von der Beraterfirma AWB Comunova AG aus Lengnau sowie rund 130 Interessierte.
JÖRN KERCKHOFF
Der Aargau ist der Kanton der Gemeindeautonomie. Dieses Gut wird hochgehalten, dennoch gab es in der jüngeren Vergangenheit zahlreiche Gemeindefusionen. Jüngstes Beispiel ist die Gemeinde Böztal , in der gleich vier ehemals autonome Gemeinden aufgegangen sind. Mehr finanzieller Spielraum bei Investitionen sowie eine gemeinsame und damit günstigere Verwaltung sind unter anderem die Beweggründe für einen Zusammenschluss. Ausserdem sei es leichter, in Zeiten, in denen sich immer weniger Leute für ein öffentliches Amt zur Verfügung stellen, Kandidaten für einen gemeinsamen und damit kleineren Gemeinderat sowie für die Kommissionen zu finden.
«Aussichten nicht rosig»
«Ihre beiden Gemeinden sind finanziell nicht auf Rosen gebettet und die Aussichten sind auch nicht rosig», stellte Martin Hitz gleich zu Beginn seines Referats fest, in dem er unter anderem die Ausgangslage der beiden Gemeinden vorstellte, und auf die Zielsetzung, Grundlagen und Vorgehensweise einer Fusion einging. Der Steuerfuss liegt sowohl in Oberhof (569 Einwohner) als auch in Wölflinswil (1034) bei 125 Prozent und damit deutlich über dem kantonalen Durchschnitt von 112 Prozent. Die Finanzausgleichsbeiträge, die beide Dörfer vom Kanton erhalten, seien existenzsichernd. «Sollten alle geplanten Investitionen der kommenden Jahre in der Höhe von zehn Millionen Franken getätigt werden, wird die Nettoschuld deutlich zunehmen», prognostizierte der Experte, der schon andere Gemeindefusionen begleitet hat. Diese wird laut Prognose in Oberhof bei mehr als 10 000 Franken pro Kopf liegen und in Wölflinswil bei mehr als 5000 Franken pro Kopf – der Durchschnitt liegt im Kanton Aargau bei 229 Franken pro Kopf. Ein Zusammenschluss mit schlankeren Strukturen könnte die finanzielle Situation einer zukünftigen Gemeinde zumindest ein wenig entspannen.
Schon jetzt Zusammenarbeit
Was die Zusammenarbeit angeht, sind Wölflinswil und Oberhof schon heute weit vorangeschritten. In der Verwaltung, bei der Feuerwehr sowie dem gemeinsamen Info-Blatt funktioniert dies bereits seit Jahren. Auch die Schulen – bei einer Fusion immer ein heikler Punkt, so Martin Hitz – haben bereits eine gemeinsame Leitung und ein gemeinsames Sekretariat und einige Lehrer unterrichten an beiden Schulen.
Nach einer Bevölkerungsbefragung im August 2020 und einer ergänzenden Befragung im Februar 2021 wurde im November 2021 eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben. Die Teilnahme an der Befragung – 43 Prozent der Bevölkerung – und der Anteil derjenigen, die sich für eine Fusion aussprechen (44 Prozent in Oberhof und 48 Prozent in Wölflinswil) machen deutlich, dass eine Fusion längst keine beschlossene Sache ist.
Fahrplan
Der nächste Schritt für die Abklärung einer Fusion steht bei den Gemeindeversammlungen (Oberhof 22. Juni, Wölflinswil 24. Juni) an. Dann sollen die Stimmbürger über einen Kreditantrag für eine «vertiefte Fusionsabklärung» abstimmen. «Es geht bei dieser Abstimmung nicht um ein Ja oder Nein zur Fusion, sondern darum, ob wir eine Grundlage schaffen, auf der wir dann eine Entscheidung für oder gegen eine Fusion treffen können», machte Gemeindeammann Roger Fricker am Dienstag deutlich. Sollten die Bürger beider Orte für den Kreditantrag stimmen, würden im Anschluss sieben Arbeitsgruppen zu den Bereichen Finanzen, Bildung, Infrastruktur/Werkdienste, Ortsbürger, Organisation, Kultur/Soziales/Gesundheit sowie Liegenschaften/Hausdienst/Bauwesen gebildet, in denen eine mögliche künftige Zusammenarbeit erörtert würde. Die Bürger wurden am Dienstag ausdrücklich dazu aufgerufen, sich in diesen Arbeitsgruppen zu engagieren. Im August 2023 sollten die Arbeitsgruppen ihre Ergebnisse dann vorstellen. Nach einer Konsolidierung der Berichte (Dezember 2023) und einer Informationsveranstaltung (Januar bis Mai 2024) könnte im Sommer 2024 an der Urne über die Fusion abgestimmt werden. Nach dem kantonalen Genehmigungsverfahren könnte die Fusion zum 1. Januar 2026 vollzogen werden.
Vorbehalte
In der Fragerunde, die sich an das Referat von Martin Hitz anschloss, wurde deutlich, dass die Bürger beider Orte, bei allen bereits vorhandenen Verflechtungen, doch noch ihre Vorbehalte haben. Nach dem Motto: kuscheln ja, aber gleich heiraten? So wurde etwa die Sorge geäussert, dass die Wölflinswiler dann die höheren Investitionskosten in Oberhof mittragen müssten. «Deswegen sind die Arbeitsgruppen so wichtig, um eben diese Punkte zu erörtern», hob Martin Hitz nochmals die Bedeutung einer Grundlage hervor, auf der dann eine Entscheidung getroffen werden kann. «Die Finanzen sind sicher ein wichtiger Punkt, machen Sie Ihre Entscheidung aber nicht nur davon abhängig», so Hitz. «Wir vergeben uns ja nichts, wenn wir die Diskussion führen, um dann überzeugt Ja oder Nein sagen zu können», kam es dazu aus der Versammlung.