Es ist der Wettkampf vor dem Wettkampf. Der TV Stein bewirbt sich um die Ausrichtung des Aargauer Kantonalturnfests im Jahr 2028, allerdings hat er dabei Konkurrenz. Sechs Gemeinden des Schenkenbergtals wollen das Kantonale ebenfalls gemeinsam ausrichten, eine Situation, die es so schon lange nicht mehr gegeben habe, wie TV-Stein-Präsident Maik Born berichtet. So müssen nun die Delegierten der Aargauer Kreisturnverbände am 13. November entscheiden, welcher der beiden Bewerber den Zuschlag für die Ausrichtung des grössten Breitensportanlasses des Kantons erhält. Am Mittwoch stattete eine Delegation des Aargauer Turnverbandes (ATV) – mit dabei war auch Zentralpräsident Jörg Sennrich – dem TV Stein beim Sportcenter Bustelbach einen Besuch ab, um sich einen Eindruck von der Infrastruktur der Gemeinde zu machen.
JÖRN KERCKHOFF
«Das Potenzial, das Kantonale auszurichten, haben beide Bewerber», erklärte Sennrich diplomatisch. Auch für ihn ist es ungewöhnlich, dass es mehr als einen Bewerber für diesen Anlass gibt. Schliesslich müsse sich ein Verein so ein Mammutprojekt, an dem um die 100 Sportarten und Disziplinen zu sehen sein werden, auch zutrauen. Immerhin liegt das Budget dafür zwischen 2,5 und 3 Millionen Franken. Das Geld kommt unter anderem vom Verband, von Sponsoren und von Swisslos. Das Kantonale ist beinahe wie Olympische Spiele im Kleinen.
Das Vakuum füllen
«Ich glaube, dass das Vakuum, das durch die Pandemie entstanden ist, nun viele Akteure motiviert, dieses Vakuum wieder auszufüllen», vermutet Sennrich. Es sei einfach ein grosses Bedürfnis vorhanden, wieder zur Normalität zurückzukehren. 2028 sollte das auch geschafft sein.
Der ausschlagende Punkt für den Entscheid der Delegierten werde wohl sein, wie sich die beiden Bewerber den Entscheidungsträgern am 13. November präsentieren. «Seid begeistert und motiviert und gewinnt die Delegierten für euch», lautet denn auch der Tipp des Zentralpräsidenten an beide Bewerber für ihre sechsminütige Präsentation auf der Delegiertenversammlung. Zweimal sechs Minuten sind so lang wie vier Runden im Boxen. Klar ist auch, dass einer der beiden Bewerber geschlagen aus dem Ring steigen wird, der Zweite ist in diesem Fall der erste Verlierer.
Präsentation in schwindelerregender Höhe
Auch, wenn die Delegierten das letzte Wort haben, versuchten die Verantwortlichen des TV Stein am Mittwoch, einen richtig guten Eindruck bei der Delegation des ATV zu hinterlassen und entführten sie sogar in schwindelnde Höhen. Eigens für den Anlass wurde die Feuerwehr Frick mit ihrer Drehleiter aufgeboten. Aus 30 Metern Höhe konnten die Gäste einen Blick auf die Sportanlagen rund um das Sportcenter und weitere Teile der Infrastruktur der rund 3300-Einwohner-Gemeinde – schwindelerregend, aber auch beeindrückendv, wie Sennrich feststellte. «Wir wollen alles in einem Ort ausrichten, ohne grosse Transfers zu anderen Sportstätten», erklärte Maik Born. Darin sieht er einen der grossen Vorteile, den Stein zu bieten hat. Dazu kommt der Bahnhof, der den 15 000 Sportlern und den hoffentlich zahlreichen Zuschauern, die zu dem zweiwöchigen Anlass erwartet werden, die Möglichkeit bietet, mit dem ÖV anzureisen. Auch die Holzbrücke war eine Station der kurzen Rundreise. Zwischen den Wettkämpfen könnten die Gäste so auch das touristische Erlebnis der deutschen Nachbarstadt Bad Säckingen erleben.
«Wir wollen den Anlass haben»
Born und die anderen Verantwortlichen des TV Stein gaben sich alle Mühe, den Verein und die Gemeinde ins rechte Licht zu rücken. Dazu gehörte auch die Erklärung, dass Politik und Verwaltung voll hinter dem Projekt stehen. «Und zwar aus echter Begeisterung, nicht, weil der Anlass ein gutes Licht auf die Gemeinde wirft», so Jörg Sennrich. «Die Gemeinde ist ebenfalls extrem heiss darauf, dass das Kantonale zu uns kommt», ist Maik Born sicher. Eine Aussage, die Gemeindeamann Beat Käser bestätigt: «Wir stehen alle voll dahinter. Wir wollen diesen Anlass in Stein haben. Ich bin ja selbst Mitglied des TV und es wäre ein Riesenfest für die ganze Gemeinde», erklärt Käser. Sollte der TV Stein den Zuschlag bekommen, werde er auch nicht nur eine Rede zur Eröffnung des Kantonalturnfests halten, sondern sicher auch irgendwo im Hintergrund mitanpacken. «Wenn es darum geht, Maschinen zur Verfügung zu stellen, den Anlass vorzubereiten und hinterher wieder abzubauen, bin ich dabei», sagt der Gemeindeammann schon jetzt zu.
«Nach 93 Jahren ist das Fricktal mal wieder an der Reihe»
Noch ein Punkt ist für Maik Born ganz wichtig und könnte für den ein oder anderen Delegierten eventuell ein Grund sein, für Stein zu stimmen: Im Jahr 2028 wird es 93 Jahre her sein, dass das Kantonalturnfest im Fricktal stattfand. Rheinfelden war im Jahr 1935 der Austragungsort. Für alle Mitglieder des TV Stein steht fest: «Es wird mal wieder Zeit, dass das Kantonale im Fricktal stattfindet. Zumal der TV Stein als Ausrichter des Regionalturnfests im Jahr 2015 genügend Know-how mit dem Organisieren eines Grossanlasses besitzt. «Wir haben jetzt noch viele Leute dabei, die damals schon mit der Vorbereitung des Anlasses betraut waren und die ihr Wissen einbringen könnten», so Maik Born.
Was sich der TV Stein für seine Präsentation am 13. November einfallen lässt, wird natürlich noch nicht verraten. Aber es werden wohl die jeweils sechs Minuten der beiden Bewerber sein, die darüber entscheiden, wo das Kantonale im Jahr 2028 stattfindet.