(sfa/pd) Nach mehr als fünfzig Jahren wurde am Montagnachmittag erstmals wieder eine neue Mittelschule im Kanton Aargau eröffnet: An der Kantonsschule Stein fand in einer baulichen Übergangslösung an der Münchwilerstrasse der erste Schultag für 130 Schülerinnen und Schüler statt. Der historische Moment wurde im Rahmen eines kleinen Festakts unter Beteiligung von Bildungsdirektorin Martina Bircher feierlich gewürdigt.
Am Montagmorgen begann für 130 Schülerinnen und Schüler der Unterrichtsbetrieb an der neu eröffneten Kantonsschule Stein im Fricktal. Ein vierköpfiges Schulleitungsteam um die Gründungsrektorin Katrin Brupbacher hat sich seit Monaten auf diesen besonderen Moment vorbereitet, um zusammen mit 27 Lehrerinnen und Lehrern und sieben Verwaltungsangestellten den Schulbetrieb aufnehmen zu können. Unterrichtet werden im ersten Jahr sechs erste Klassen – vier am Gymnasium und zwei an der Fachmittelschule (FMS).
«Nur die Wandtafeln fehlen noch»
Auf einem Rundgang durchs Schulgebäude konnten sich Medienvertreter ein Bild machen. Die drei Etagen unterscheiden sich vor allem durch die farbliche Gestaltung der Wände. Während das Erdgeschoss in erdigen Tönen gehalten ist, werden die Farben nach oben hin heller. «Damit sich die Schülerinnen und Schüler besser orientieren können, wo sie sich befinden», so Rektorin Katrin Brupbacher, die von einer intensiven Vorbereitungszeit erzählte. Der Aufbau des provisorischen Schulgebäudes mit Modulen hatte erst am 7. Oktober 2024 begonnen. Insbesondere die Suche nach einem Mensabetreiber dauerte lange, konnte aber mit Zaraz Catering & Partyservice aus Rheinfelden gefunden werden. «Ansonsten hat alles sehr gut geklappt», stellte sie erleichtert fest und zeigte die komplett eingerichteten Schulzimmer, in denen nicht einmal das «Handy-Hotel» fehlt, wo die Schüler/-innen ihre Smartphones zwecks besserer Konzentration «parkieren» können. «Alles ist fertig. Nur die Wandtafeln fehlen noch», meinte sie schmunzelnd. Beim Lieferanten gebe es einen Engpass. Dank Monitoren und Flipcharts sei dies allerdings problemlos zu überbrücken. Ein Bildungszentrum für die Zukunft
Die heutige Mittelschullandschaft mit den sechs Kantonsschulen Alte Kantonsschule Aarau, Neue Kantonsschule Aarau, Kantonsschule Baden, Kantonsschule Wettingen, Kantonsschule Wohlen und Kantonsschule Zofingen ist das Ergebnis der 1968 von der Aargauischen Stimmbevölkerung beschlossenen Mittelschulkonzeption. Diese sah den Bau der Kantonsschule Zofingen und die Umnutzung der ehemaligen Lehrerseminare in Wohlen, Wettingen und Aarau zu Kantonsschulen vor. Auf den Bau der damals ebenfalls vorgesehenen Kantonsschule im Fricktal, für die als Standort die Gemeinde Stein festgelegt wurde, wurde verzichtet. Sie wäre mit damals rund 230 Schülerinnen und Schülern noch sehr klein gewesen. Die Kantonsschule Stein ist die siebte Mittelschule im Kanton Aargau. Notwendig wurde der Aufbau eines zusätzlichen Standorts nun aufgrund des demografischen Wachstums im Aargau und den benachbarten Kantonen Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Bisher pendelten jährlich rund 600 Fricktaler Jugendliche für ihre Mittelschulausbildung in andere Kantone, was künftig nur noch beschränkt möglich sein wird.
Die Schule startet in einer baulichen Übergangslösung auf dem Brotkorb-Areal und bleibt für vier Jahre bis 2029 bestehent. Der definitive Neubau wird ab 2026 realisiert und soll im Schuljahr 2029/30 bezugsbereit sein. Dann wird die Kantonsschule Stein Platz für bis zu 44 Abteilungen bieten und damit mittelfristig allen Fricktaler Schülerinnen und Schülern eine wohnortnahe Mittelschulausbildung ermöglichen.Gemeinsamer erster Schultag
Der erste Schultag an der neueröffneten Kantonsschule Stein fand mit allen Beteiligten gemeinsam nach einem Spezialprogramm statt. Sternförmig von acht verschiedenen Treffpunkten in Stein her, fanden die Schülergrüppchen nach einer kleinen Fotochallenge beim Schulhaus und in ihren Abteilungen zusammen. Nach dem Mittag traf sich die ganze Schulgemeinschaft zur «Uufrichti» des gemeinsam gestalteten Flaggenbaums. So wurde ein erstes gegenseitiges Kennenlernen ermöglicht und Schulräumlichkeiten und Umgebung konnten ein erstes Mal erkundet werden. Das Übergangsgebäude im Modulbau füllte sich mit Leben. Die Stimmung war geprägt von Neugier, Vorfreude und dem Bewusstsein, der neuen Schule gemeinsam ein Gesicht geben zu können. Ab Dienstag fand der Unterricht dann nach regulärem Stundenplan statt.
Viel Vor- und Aufbauarbeit geleistet
Am späteren Nachmittag begrüsste Regierungsrätin Martina Bircher zu einer kleinen Eröffnungsfeier. In ihrem Grusswort richtete die Vorsteherin des Departements Bildung, Kultur und Sport ihren Dank an all jene, die dieses grosse Projekt ermöglicht und begleitet haben: an die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung und der Gemeinde Stein sowie an die Bau- und Planungsteams und die Architektinnen und Architekten. Insbesondere dankte sie aber der Rektorin: «Katrin Brupbacher und ihr Team haben mit grossem Engagement die ganze Vor- und Aufbauarbeit mit all ihren grossen und kleinen Fragen geleistet – von der Anstellung der Lehrpersonen und dem Gewinnen eines Mensaanbieters über das Einrichten der IT- und Schuladministrationssysteme bis hin zum Organisieren von Bänken, Stühlen, Mikroskopen oder einem Klavier.»
Mit der Kantonsschule in Stein erfülle sich ein lang gehegter Wunsch. «Manchmal brauchen grosse Ideen einen langen Atem», betonte sie und blickte dabei zurück auf die Geschichte, die bereits 1974 begann, als der damalge Steiner Gemeindeammann und FDP-Grosstrat Fritz Käser – notabene der Grossvater des amtierenden Gemeindeammanns Beat Käser – mit viel Weitsicht Stein als Mittelschulstandort vorgeschlagen habe. Obwohl der Grosse Rat 1975 diesem Vorschlag zustimmte, habe die Idee erst 2019 mit dem Planungsbericht zur Entwicklung der Aargauer Mittelschulen wieder Fahrt aufgenommen, so Bircher. «Es hat also rund 50 Jahre gedauert, bis die Vision von Fritz Käser an dem Standort umgesetzt worden ist, den er damals bereits vorgeschlagen hat.»Eine Linde als Geschenk
Als Geschenk überbrachte sie der Schule eine mobile Linde, die dereinst in den definitiven Neubau mitumziehen soll: «Schon unsere Vorfahren verehrten die Linde als Baum, unter dem Menschen zusammenkommen, Gemeinschaft erleben und wichtige Momente geteilt werden. Ganz in diesem Sinn soll auch die neue Kantonsschule Stein ein offenes Haus und ein zentraler Ort der Begegnung im Fricktal sein – so wie es auch das Lindenblatt auf dem Fricktaler Wappen symbolisiert.»
Steins Gemeindeammann Beat Käser hiess die Schule willkommen in Stein und zeigte sich stolz darüber, die Vision seines Grossvaters weiterführen zu dürfen. Die Dimensionen des definitiven Standorts seien Anhand der Bauprofile bereits gut sichtbar. «Die Schule wird nicht nur ein Ort zum Lernen, sondern ein Fundament für die Zukunft unseres Wirtschaftsstandorts», zeigte er sich überzeugt.Zwischengipfel erreicht
Im kurzen Interview mit Gaby Gerber, Präsidentin der Schulkommission der Kantonsschule Stein, betonte die Rektorin die gute Zusammenarbeit über die Kantons- und die Landesgrenze hinaus. Ganz nach dem Schulmotto «Zäme wachse» starte man klein und werde schnell wachsen. «Wir haben einen Zwischengipfel erreicht», so Brupbacher, «die Herausforderung wird nun, noch einmal so viele Lehrpersonen für das nächste Schuljahr zu finden.» Auch die Maturitätsreform werde sie weiterhin beschäftigen, so die Rektorin.