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Das Bild von der Hochzeit (vor 52 Jahren) stammt aus dem Privatarchiv von Hansruedi und Elisabeth GrunderFoto: zVg
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Mr. und Mrs. Soirée – Verabschiedung bei ref. Kirchgemeinde Rheinfelden

2019, vor Corona, feierte die Benefizveranstaltung «Soirée» der reformierten Kirche Rheinfelden ihr 20-jähriges Bestehen. Im letzten Herbst haben Chef und Gründer Hansruedi Grunder und seine Frau Elisabeth mit ihrem Team sie noch ein letztes Mal durchgeführt. Nun werden die beiden anlässlich der Kirchgemeindeversammlung am Donnerstag, 15. Juni verdankt und verabschiedet.

Andreas Fischer *

Kennengelernt hatten sich Hansruedi und Elisabeth Grunder am Schalter der Volksbank in Uster. Er arbeitete dort, sie löste jeweils ihren Lohncheque bei ihm ein. Einmal fragte ihre Mutter: «Ist dir der nette Herr in der Bank schon aufgefallen?» «Ja», antwortete Elisabeth, «der wird jedes Mal rot, wenn er mich sieht.» «Das stimmt nicht ganz», wirft Hansruedi in unserem Gespräch in ihrem Zuhause am Tulpenweg ein, «nur jedes zweite Mal. Aber zugegeben, ich freute mich.»
Dann fasste er sich ein Herz und lud die Dame ein zum Tanz. «Man sagt, wenn man sich auf dem Tanz kennenlernt, klappt es nachher nicht», sagt Elisabeth Grunder. «Aber bei uns stimmt das nicht. Wir sind seit 52 Jahren verheiratet.»
Sie nahm die Einladung an, man fuhr nach Zürich ins gediegene Hotel Baur au Lac. «Das war damals ein Geheimtipp», erinnert sich Hansruedi Grunder. «Es war ein tolles Dancing, mit Livemusik und nie überfüllt. Die Leute wagten sich da ja nicht rein.» Auch die beiden wurden zunächst abgewiesen. Sie seien nicht angemeldet, hiess es beim Empfang. Also ging Hansruedi Grunder zur nächsten Telefonkabine und reservierte telefonisch zwei Plätze. Die beiden tanzten wunderbar zusammen. Sie siezten sich noch, als sie sich zum ersten Mal küssten. Weil sie schnell laufen konnten, schafften sie es auf den letzten Zug. Von da an waren sie ein Paar. 1971 heirateten sie. Zu dem Zeitpunkt war Hansruedi Grunder schon Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Genossenschaften Schupfart und Wegenstetten.

Das Bild von der Hochzeit (vor 52 Jahren) stammt aus dem Privatarchiv von Hansruedi und Elisabeth Grunder Foto: zVgEine Springerin, zwei Buben
Er erzählt von Chriesi- bzw. Chirsi-Ernten, wenn die Bauern aus allen Himmelsrichtungen kamen und ihre Kirschen brachten, und vom Dorffest, bei dem sein Organisationstalent zum Tragen kam. Auf seinen Vorschlag hin wurde der Einkauf der Festbeizen zentral organisiert. Hansruedi Grunder strahlt, wenn er sich erinnert an die Schüür, den Heuschober, den Keller, die zu Beizen umfunktioniert wurden, «die Vereine überboten sich bei der Dekoration, da wurde keine Mühe gescheut».
Sein Beruf hatte indessen auch Schattenseiten, der Job war nicht nur ein grosser Chrampf, Grunders waren auch öffentliche Personen. «Du warst Allgemeingut», sagt er im Rückblick. Elisabeth Grunder, ausgebildete Sekretärin, unterstützte ihn im Büro, «ausserdem war ich Springerin, wenn eine Verkäuferin ausfiel. Und dann», fügt sie hinzu, «hatten wir ja auch noch zwei Buben.»

Aussendienst: akquirieren, anklopfen!
15 Jahre später zog die Familie nach Rheinfelden, und Hansruedi Grunder wechselte den Job. Fortan war er als Aussendienstler bei einer auf technische Textilien spezialisierten Firma tätig. Auch hier legte er sich mit der ihm eigenen Leidenschaft ins Zeug. «Als Aussendienstler musst du akquirieren», erklärt er, «einen, der einfach Bestellungen aufnimmt, kannst du in diesem Metier nicht brauchen.»
Wenn Hansruedi Grunder mit dem Auto zu Kunden überall in der Schweiz fuhr, achtete er unterwegs auf Firmenschilder, fragte sich, was die wohl machen, nahm Kontakt mit ihnen auf. Seine Neugierde, sein Charme, seine Kontaktfreude – das ist wohl das Geheimnis seines Erfolgs als Aussendienstler – wirken echt. Sie sind Teil seines Charakters.
Nach seiner Pensionierung wurde Hansruedi Grunder Kirchenpfleger mit dem Ressort Musik. Fortan klopfte er bei Restaurants und Geschäften in Rheinfelden an und fragte, ob er ein Plakat, das auf ein Konzert in der Kirche hinwies, aufhängen dürfe. Das war, sagt er rückblickend, für ihn Chefsache. Und es war ihm nicht etwa lästige Pflicht, im Gegenteil, es machte ihm Freude. «Aber den schriftlichen Verkehr per Mail und SMS, den hat er immer mir überlassen», wirft Elisabeth Grunder ein. Sie, die als Anwaltssekretärin arbeitete, ergänzte ihren Mann in diesem Bereich ideal.
Er ist, genderuntypisch, häufiger als sie in der Kirche anzutreffen. «Ja, du bist eifrig», sagt sie und lacht. Seit Grunders 1987 nach Rheinfelden gezogen sind, besucht er hier regelmässig die Gottesdienste. Doch Grunder wäre nicht Grunder, wenn er darüber hinaus nicht auch aktiv geworden wäre. Er kochte in Familien-Skilagern. «Die Nächte waren kurz, aber wir haben immer geliefert», erinnert er sich. – Dann entstand der Gospelchor, der dieses Jahr sein 30-jähriges Bestehen feiert. Elisabeth und Hansruedi Grunder sind Mitglieder der ersten Stunde.

Mit etwas Edlem Geld machen
Ausserdem ist Hansruedi Grunder ein leidenschaftlicher Koch, und so fing er an, für den Suppentag in der Fastenzeit zu kochen. Doch dabei blieb es nicht. «Beim jährlichen Bazar», erinnert er sich und lacht dabei verschmitzt, «dachte ich, da kannst du doch zusätzlich Geld machen. Und zwar mit etwas Edlem. Etwas, was man so in der Kirche vielleicht nicht erwarten würde.»
Der Name «Soirée» macht deutlich, dass der Anlass mit einem gehobenen Anspruch verbunden war. «Wir waren ehrgeizig», sagt Hansruedi Grunder. Das Entwicklungshilfe-Projekt, das im jeweiligen Jahr unterstützt wurde, das Essen, der kulturelle Beitrag und die Dekoration sollten ein Ganzes ergeben.
Er trommelte jeweils 20 Leute zusammen für das Küchen-, das Deko- und das Serviceteam. Die meisten waren Mitglieder des Gospelchors. «Der Gospelchor ist überhaupt Quelle für vieles», ergänzt Elisabeth Grunder.
Im ersten Jahr, als im Kirchgemeindehaus an der Roberstenstrasse noch keine Küche vorhanden war, fanden die Vorbereitungen an drei Orten statt, im Kirchgemeindehaus der römisch-katholischen Kirche, in der Reha und in der eigenen Teeküche. Das Resultat muss nichtsdestotrotz damals schon überwältigend gewesen sein. Von einem Pfarrkollegen mit Bezug zu Nicaragua habe ich mir sagen lassen, der «Pastel de Choclo» – ein südamerikanisches Gericht – sei der beste, den er je gegessen habe. Jahre später, nachdem ich selber erstmals an einer Soirée teilgenommen hatte, sagte ich am Ende des Abends zu Hansruedi Grunder: «So etwas habe ich in der Kirche noch nie erlebt.» «Das Team», lautete seine Antwort, «das Team macht es aus».
«Das Team» indessen weiss sehr wohl, dass es ohne seinen Chef nicht funktioniert. Nicht umsonst wird Hansruedi Grunder «Mister Soirée» genannt. Und auch ohne seine Frau wäre die Soirée nie und nimmer zu einer solchen Erfolgsgeschichte geworden. «Er ist der Türöffner», sagt Elisabeth Grunder. «Er geht auf die Leute zu, initiiert die Projekte. Nachher komme ich.» Sie machte die Korrespondenz, hielt die Kontakte, sprang ein, wo Lücken entstanden.

Weischwie, läckmiir
All dies taten die Grunders ehrenamtlich. Nun ist die «Soirée» passée. Was bleibt, sind Erinnerungen an unglaubliche Sechsgänger, die einen im Verlauf der zwei Dekaden rund um die Erde führten. Indien, Peru, Kongo, Soirée africaine mit Trommeln, Soirée caribienne mit kreolischer Küche, Soirée orientale mit Bauchtänzerinnen usw. «Weischwie, läckmiir», sagt Hansruedi Grunder im Rückblick in seinem breiten Züritüütsch.

* Andreas ist Pfarrer in der ref. Kirchgemeinde Region Rheinfelden. Die Kirchgemeindeversammlung findet im Kirchgemeindehaus an der Roberstenstrasse 22 in Rheinfelden statt, dem Ort, an dem die Soirée jeweils stattfand. Sie beginnt um 20 Uhr.

Bilder
Die Bilder von der Hochzeit (vor 52 Jahren) stammen aus dem Privatarchiv von Hansruedi und Elisabeth Grunder. Fotos: zVg