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Ein Vierteljahrhundert waren Toni und Elisabeth Nokaj Gastgeber im «Löwen» am Obertorplatz in Rheinfelden. Ihre Ära endet Ende des Jahres. Foto: Jörn Kerckhoff

Gut gebrüllt, Löwe: Toni und Elisabeth Nokaj beenden nach 25 Jahren eine Ära im Gasthaus «Zum Löwen» in Rheinfelden

«Ich hoffe, dass ich am letzten Tag nicht ständig daran denken muss, dass es zu Ende ist. Sonst wird es hart.» Toni Nokaj ist nicht ganz wohl beim Gedanken daran, dass seine Zeit als Chef im Gasthaus «Zum Löwen» am Obertorplatz 8 in Rheinfelden in wenigen Wochen vorbei sein wird. Er und seine Frau Elisabeth pachteten den Löwen im Jahr 1996, ein Jahr später kauften sie das komplette Gebäude, das erstmals im Jahr 1463 urkundlich erwähnt wurde – damals noch unter dem Namen «Zem Rosboum» (Zum Rosenbaum). Offiziell beenden die beiden ihre Zeit als Gastleute am 31. Dezember; der letzte Tag, an dem das Lokal geöffnet sein wird, wird aber wohl vor Weihnachten sein.
JÖRN KERCKHOFF

Das letzte Mal nach Feierabend den Schlüssel im Schloss herumdrehen wird nicht leicht werden, genauso wenig wie der Gedanke, dass sich ihr Leben von diesem Moment an nicht mehr um ihr geliebtes Lokal drehen wird. Doch der Entschluss steht für Toni und Elisabeth Nokaj fest. Toni hat im September seinen 65. Geburtstag gefeiert und möchte in Rente gehen und von seiner Frau sagt er: «Sie hat in den 25 Jahren so viel gearbeitet, dass es für 40 Jahre reichen würde, das ist genug.» Für ihr «Cordon bleu Elisabeth» ist sie bekannt, aber auch Pizza sei bei ihnen sehr beliebt, erzählen die beiden. Aber einmal muss Schluss sein.

Liebeserklärung an die Küchenchefin
«Ich weiss nicht, wie wir das damals geschafft haben, eigentlich habe ich alles meiner Frau zu verdanken», macht Toni seiner Elisabeth eine Liebeserklärung. Dazu muss man sagen, dass Toni und Elisabeth zu dem Zeitpunkt, als sie sich entschlossen, in die Gastronomie zu gehen – Toni ist eigentlich Sprachlehrer und arbeitete auch lange Zeit als Dolmetscher – bereits fünf Kinder im Alter von ein bis zehn Jahren hatten. Wer schon mal in der Gastronomie gearbeitet hat, der weiss, dass das ein anstrengender Job ist, der anfängt, lange bevor in der Küche der Herd angestellt wird, und oft erst spät in der Nacht endet. Mit fünf kleinen Kindern ist das kaum zu bewältigen. Aber Toni und Elisabeth Nokaj haben es geschafft, auch wenn sie nicht mehr wissen wie. «Ich habe schon mein ganzes Leben in der Gastronomie gearbeitet, auch während meines Studiums», erzählt Toni. Er sei wohl tatsächlich für die Gastronomie geboren. Dass seine Frau immer zu ihm gehalten und alles mitgetragen habe, sei natürlich ein grosses Glück.

14 Jahre lang sieben Tage die Woche geöffnet
Vielleicht funktionierte es, weil sie sich kurz nach der Wiedereröffnung – das Lokal stand vorher zwei Jahre leer – dazu entschlossen, den Löwen zu kaufen. «So hatte ich meine Kinder die ganze Zeit um mich», erklärt Elisabeth Nokaj. «Hätten wir hier gearbeitet, aber woanders gewohnt, wäre es viel schwieriger gewesen, vielleicht unmöglich», erläutert sie das Geheimnis, warum das Wagnis zum Erfolg wurde. Ein weiterer Grund dafür war wohl auch, dass Tonis Brüder Pauli und Jak und auch Paulis Frau lange Jahre im Löwen mitarbeiteten. In den ersten 14 Jahren hätten sie an sieben Tagen die Woche geöffnet gehabt, Urlaub hätten sie in dieser Zeit vielleicht dreimal gemacht. Das sei natürlich nur mit einem sehr engen Familienzusammenhalt möglich gewesen. Diesen Zusammenhalt hätten er und seine Brüder schon von ihren Eltern und Grosseltern gelernt und auch an die eigenen Kinder weitergegeben. Toni und Elisabeth stammen aus dem Kosovo, das in ihrer Jugend noch zum inzwischen zerfallenen Vielvölkerstaat Jugoslawien gehörte. Dort habe der Zusammenhalt der Familie noch einen anderen Stellenwert als in anderen Regionen der Welt.

Viele Höhen und Tiefen erlebt
«Ich habe niemals bereut, dass wir damals diese Entscheidung getroffen haben, aber ich weiss nicht, ob ich es nochmal machen würde», blickt Toni Nokaj auf die 25 Jahre. Denn es sei zwar eine schöne, aber auch anstrengende Zeit gewesen. «Wir haben hier im Löwen viele Höhen und Tiefen erlebt.» Zuletzt seien die fünfeinhalb Monate Schliessung in der ersten Hälfte dieses Jahres aufgrund der Corona-Pandemie nicht leicht gewesen. Dies sei aber kein Grund gewesen, Ende des Jahres zu schliessen, versichert Toni Nokaj. Leider habe es in der Vergangenheit auch immer wieder Neid und Missgunst von verschiedenen Seiten gegeben. «Wenn du Erfolg hast, ist es leider so, dass dir einige Personen diesen Erfolg nicht gönnen und schlecht über dich reden. Aber ein schlechtes Restaurant hält sich keine 25 Jahre», weiss Toni gewisse Dinge einzuordnen. Unzählige Gäste – «vielleicht waren es eine Million» – hätten sich bei ihnen im Löwen wohlgefühlt, das müsse einem nicht peinlich sein.
«Ich habe ja auch immer eine grosse Klappe gehabt», gibt Toni zu und erklärt, warum man ihn auch schon den «Löwen vom Löwen» nannte. Da sei es gut, dass Elisabeth der ruhende Pol von ihnen beiden sei und den Überblick behalte. Eben wie in einem richtigen Löwenrudel: Die Männchen treten imposant auf und brüllen laut, die Weibchen sind für den Nachwuchs und die Futterbeschaffung zuständig. «Deswegen war ich die Chefin in der Küche», sagt Elisabeth mit einem sanften Lächeln im Gesicht.

Keine Langeweile zu erwarten
Haben die beiden eigentlich keine Angst, dass ihnen bei der vielen Freizeit, die sie künftig haben werden, langweilig wird? «Wir haben fünf erwachsene Kinder und neun Enkel, da wird uns sicher nicht langweilig», ist Toni überzeugt. Unweit des Löwen hätten sie sich bereits ein Haus gekauft, in das sie gerade umziehen. Ihr ältester Sohn wird mit seiner Frau und drei Kindern ebenfalls dort einziehen. Toni und Elisabeth hoffen, dass sie mit ihrer vielköpfigen Familie Weihnachten schon dort feiern können. In dem Garten, den sie dort haben, werden sie wohl auch immer Arbeit haben und vielleicht will Toni auch wieder Bücher schreiben. Mehrere Werke hat er schon verfasst, darunter einen Gedichtband in albanischer Sprache mit dem Titel «Besa», der auch gleichzeitig der Name der jüngsten Tochter von Toni und Elisabeth ist. Nein, Langeweile ist wohl tatsächlich nicht zu erwarten.

Jahres. Das Gasthaus «Zum Löwen» hat schon viel erlebt, seine Zukunft ist im Moment ungewiss. Foto: Jörn KerckhoffIrgendwann mit der ganzen Familie im «Löwen» essen gehen
Aber was wird aus dem Gasthaus Löwen? «Wir möchten eigentlich gerne das ganze Haus verkaufen», erzählt Elisabeth. Auch, wenn sie selbst als Betreiber des Restaurants aufhören und aus dem Haus ausziehen, liege ihnen natürlich noch viel an dem Lokal und dem ganzen Haus. Sie wissen aber, dass es gerade eine schwierige Zeit ist, ein Restaurant zu verkaufen, die Zeit der Pandemie habe mögliche Interessenten vorsichtig gemacht – zumal noch gar nicht absehbar ist, wie sich die Situation mit Corona weiterhin entwickelt. «Wir haben Zeit und müssen nicht unbedingt sofort verkaufen», bleibt der Ruhepol Elisabeth entspannt. «Aber ich würde gerne mit meiner Frau, unseren Kindern und Enkeln irgendwann als Gast hierherkommen und schön essen, das ist mein Traum», erzählt Toni noch zum Abschluss.

Bild: (oben)Ein Vierteljahrhundert waren Toni und Elisabeth Nokaj Gastgeber im «Löwen» am Obertorplatz in Rheinfelden. Ihre Ära endet Ende des (unten) Jahres. Das Gasthaus «Zum Löwen» hat schon viel erlebt, seine Zukunft ist im Moment ungewiss. Fotos: Jörn Kerckhoff