Das Notfallszenario eines Blackouts, mit dem sich bis vor einigen Monaten kaum jemand befasst hat, schwebt plötzlich wie ein Damoklesschwert über allem. Das Regionale Führungsorgan (RFO) Unteres Fricktal beschäftigt sich allerdings seit Jahren mit dem Thema und hat zusammen mit den Gemeinden entsprechende Vorkehrungen getroffen, damit nicht plötzlich das ganze öffentliche Leben zusammenbricht. Am Montag zeigten RFO, ZSO und Stadt Rheinfelden auf, dass sie gewappnet sind.
SONJA FASLER HÜBNER
Mit einem Stromausfall muss man immer mal rechnen. Doch meist handelt es sich um lokale Ereignisse aufgrund eines Unwetters, eines Unfalls, Sabotage oder einer technischen Störung. Der Unterbruch ist dann in der Regel von kurzer Dauer. Innerhalb Minuten oder Stunden ist der Strom wieder da.
Im Zuge der Strom- und Gasmangellage in Europa wurde auch das Risiko eines Blackouts, also eines flächendeckenden, mehrtägigen Ausfalls der Stromversorgung, ins Bewusstsein der Bevölkerung gerufen.Ein solches Ereignis könnte viele Bereiche der Wirtschaft und Gesellschaft ermpfindlich treffen.
Das Regionale Führungsorgan (RFO) Unteres Fricktal beschäftigt sich deshalb schon seit einigen Jahren mit diesem Notfall-Szenario und dessen Auswirkungen. Zusammen mit den Gemeinden wurden entsprechende Vorkehrungen getroffen. Im Rahmen eines Pressegesprächs in der Zivilschutzanlage (BSA) Augarten in Rheinfelden am Montagmorgen zeigten die Verwantwortlichen auf, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht haben.Zuständig für 20 Gemeinden
Das Regionale Führungsorgan informiert und berät Gemeinden bei Grossereignissen, Notlagen, Mangellagen und Konflikten, schlägt Massnahmen vor und vollzieht Entscheide der Gemeinderäte, wie RFO-Chef Christoph von Büren ausführte. Das RFO Unteres Fricktal ist zuständig für die Gemeinden des Bezirks Rheinfelden plus die Gemeinden Eiken, Münchwilen, Sisseln aus dem oberen Fricktal und die Gemeinden Augst, Buus und Maisprach aus dem Baselbiet, insgesamt also 20 Gemeinden mit rund 55 000 Einwohnern. Die Bereitstellungsanlage der ZSO im Augarten, welche erst vor wenigen Jahren für 1,2 Millionen Franken saniert wurde, ist keine Personenschutzanlage, sondern dient der Organisation unter der Leitung der Stadt Rheinfelden.
Während eine Strommangellage ebenfalls Probleme verusachen könnte, sei diese doch immerhin vorhersehbar, erklärte Zivilschutzstellenleiter Beat Bühler. RFO und ZSO hätten sich aber auf den Blackout fokussiert, weil dieser plötzlich und unvorhersehbar eintreten könne. Zwar ist es Sache des Bundes einen solchen wenn möglich zu vermeiden, trifft er jedoch ein, sind die Gemeinden in der Pflicht.
Angefangen mit einem regionalen Notstromkonzept für die Trinkwasserversorgung. Gemeinden wurden laut dem RFO-Chef diesebezüglich informiert und beraten. «Bei einem Blackout haben wir sonst nach 24 Stunden kein Trinkwasser mehr in den Haushaltungen.»Treibstoff-Notversorgung
Sichergestellt ist laut Christoph von Büren auch die Treibstoff-Notversorgung. Hierbei wurde mit der Coop Mineralöl AG eine Lösung gefunden, indem zwei Tankstellen entsprechend technisch ausgerüstet werden, um die Treibstoffversorgung von Rettungsdiensten, technischen Betrieben und ZSO für sieben Tag zu gewährleisten. Eine davon ist jetzt schon einsatzfähig, die zweite folgt bis Anfang 2023.
Das RFO hat für die Gemeinden einen Leitfaden mit Massnahmen erarbeitet, die sie ergreifen müssen, um auf den Fall der Fälle vorbereitet zu sein. Dazu gehören auch die Notfall-Treffpunkte, die von den Gemeinden definiert werden mussten, insgesamt 26 in der Region des unteren Fricktals, vier davon in Rheinfelden. Die Treffpunkte werden erst von der Feuerwehr betreut, nach zwei Stunden übernimmt die ZSO. Die ZSO-Leute müssten dann im Schichtberieb arbeiten, weil der Bestand zurzeit gerade mal 300 Leute umfasst, wie Gerhard Zumsteg aufzeigte. Die Notfall-Treffpunkte sind unter anderem mit Polycom-Funk ausgerüstet, um beispielsweise Rettungsdienste avisieren zu könnnen. Für die Verpflegung der Zivilschutzkräfte ist in der Zivilschutzanlage vorgesorgt, lagern dort doch 2000 Mahlzeiten.
«Kluger Rat – Notvorrat»
Letztendlich ist aber auch jeder einzelne angehalten, sich vorzubereiten. Lange sei man belächelt worden, wenn man mit dem Slogan «Kluger Rat – Notvorrat» geworben habe. Doch an der Gewerbeausstellung Möga in Möhlin sei das Interesse der Bevölkerung erstmals wieder gross gewesen, so von Büren.
Wie Stadtrat Walter Jucker betonte, habe die Stadt Rheinfelden anhand des Leitfadens eine 38 Seiten lange Anleitung für den Notfall erarbeitet. Man wolle pragmatisch vorgehen und sich keines Falls verzetteln. In erster Linie gehe es darum, Wasserversorgung, Abwasser, Ortsantennen und Verwaltungsaufgaben aufrechtzuerhalten.
«Wir werden ab Februar 2023 über eine Trinkwassernotversorgung verfügen,» versprach er. Mittels einer Notstromversorgung wird etwa die Hälfte des üblichen Tagesverbrauchs sichergestell. Auch in Sachen Abwasser hat die Stadt Massnahmen ergriffen. Die Kläranlage Magden/Rheinfelden erneuert zur Zeit ihr Blockheizkraftwerk. Neu wird aus dem Faulgas Strom und Wärme produziert, was zu einem sogenanntem Inselbetrieb führt. In den Regenüberlaufbecken setzt sich der gröbste Schmutz ab, womit das Abwasser zu zwei Dritteln gereinigt in den Rhein geleitet werde könne, was in diesem Falle eine gute Lösung sei, so Jucker. Damit die Kommunikation mit der Bevölkerung und deren Information weiterhin stattfinden könne, werde mindestens ein leistungsfähiger Drucker betrieben, mit dessen Hilfe gegegebenenfalls Plakate produziert werden könnten.
«Ich bin stolz darauf, was wir seit den Sommerferien geschafft haben», betonte der Vizeammann. «Wir können aber nicht erreichen, dass die Bevölkerung von allem nichts mitbekommt. Wer seine Hörnli nicht kochen kann, muss sie eben trocken essen», spielte auch er auf einen vernünftigen Notvorrat an.
«Auf gutem Stand»
Jucker rechnet damit, dass sich die Leute erst einmal solidarisch zeigen und sich gegenseitig helfen würden. So gesehen sei auch nicht damit zu rechnen, dass Lebensmittelläden geplündert würden. «Schwierig wird es, wenn die Lage über Tage andauert», gab Jucker zu bedenken.
Christoph von Büren zeigte sich zuversichtlich. «Die Gemeinden gehen das Thema aktiv an. Wir sind auf gutem Stand.» Er schaue zur Zeit relativ gelassen auf die Lage. Auch wenn er keine Prognose wagen wolle. «Was 2023 oder 2024 sein wird, wissen wir nicht.»