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Jürg Hauser in seinem Music-Bunker mit zwei besonderen Stücken: Alben von Krokus und Queen mit den Unterschriften der Bandmitglieder. Foto: Sonja Fasler
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Von A wie ABBA bis Z wie ZZTop: Schallplattensammler Jürg Hauser aus Münchwilen hat sich in einem Kaister Bunker seinen Traum erfüllt

Mit dem Album «Arrival» von ABBA fing alles an. Heute hat Jürg Hauser aus Münchwilen eine riesige Schallplattensammlung, die aus allen Nähten platzt. So sehr, dass der 54-Jährige einen Raum suchte, wo er sie unterbringen und gegebenenfalls verkaufen kann. Fündig wurde er in einem ehemaligen Munitionslager an der Kaistenbergstrasse in Kaisten. Einmal im Monat öffnet er seit Jahresbeginn seinen «Orca Music-Bunker».

SONJA FASLER HÜBNER

Jürg Hausers Leidenschaft begann schon in Teenie-Zeiten. Anfang der achtziger Jahre besuchte er erste Konzerte, vor allem Hardrock und Metal. Er schwärmte auch für Rockstar Kim Wilde. Das Ticket fürs Konzert 1986 in Zofingen, das 26 Franken kostete, hängt an der Wand – wie so viele andere Tickets und Konzertplakate, die er sammelt. Kim Wilde findet er immer noch toll. Das Ticket fürs Konzert letztes Jahr im Volkshaus Zürich kostete allerdings zum Vergleich nun 90 Franken.
Seit bald 40 Jahren stehen jährlich 20 bis 50 Konzerte auf dem Programm des gelernten Schriftsetzers, der in Laufenburg aufgewachsen ist und heute bei einer Fricker Firma im Marketing arbeitet. Obwohl bekennender Hardrock/Metal-Fan höre er eigentlich so ziemlich alles querbeet von Rock, Jazz, Funk, Techno und Blues bis hin zur Klassik. Sogar Schlager darf es mal sein, auch seiner Frau Jacqueline zuliebe, mit der er schon Schlager-Open-Airs besucht hat, wo stets eine gute Stimmung herrschte. «Nur bei Hip-Hop oder Gangsta-Rap, da hört es bei mir auf», gesteht er lachend. «Und bei mir bei Death- und Black-Metal», doppelt seine Frau augenzwinkernd nach, die ihn sonst zu fast jedem Konzert begleitet.

Die Schallplatte ist tot, es lebe die Schallplatte
Aber zurück zur Vinyl-Scheibe, dem eigentlichen Kernstück seiner Sammlung. Schon seinen Stiften-Lohn setzte er in LPs um, war Stammgast in der Musikspirale Aarau oder im Atlantis in Basel. «Ich hatte schon damals innert kurzer Zeit 500 bis 600 Stück beisammen», erinnert er sich. Heute sind es weit über 10 000, darunter gegen 600 original signierte. Zu Autogrammen kommt er nach Konzerten, bei Autogrammstunden oder auf Anfrage hin beim Management oder Künstler. Er erinnert sich beispielsweise schmunzelnd, wie er 2005 im Manor Basel eine Autogrammstunde von «Gotthard» besuchte und den verdutzten Bandmitgliedern eine offizielle Shape-CD von ihnen unter die Nase hielt, die sie nicht einmal selber kannten.
Doch in den Neunzigern kam der Einbruch im Schallplattengeschäft, wurden sie doch mehr und mehr von der CD verdrängt. «Sogar ich liess mich damals anstecken und kaufte nur noch CDs», gesteht er schon fast schuldbewusst, weil er damals auch dachte, das Ende der Vinyl-Scheibe sei gekommen. Heute besitzt er noch rund 3000 CDs. Aber sein Herz gehörte immer der LP. «Schallplatten wurden damals für ein paar Franken verscherbelt, weil sie niemand mehr wollte», erinnert er sich.
«Der Klang einer Schallplatte ist wärmer und authentischer», ist er überzeugt. «Und es darf auch mal etwas knistern». Es entstehe das Gefühl, die Instrumente seien im Raum. «Digitale Musik ist okay, wenn ich mich berieseln lassen will; höre ich bewusst Musik, dann nur ab Schallplatte». Voraussetzung sei, man habe den richtigen Plattenspieler. «Plattenspieler gibt es ab 200 bis über 100 000 Franken», je nach Budget und Anspruch. Dafür gibt es heute wieder einen wachsenden Markt, immerhin hat die Schallplatte in den USA der CD Verkaufszahlenmässig schon den Rang abgelaufen. Er weiss bei fast jeder Platte, woher er sie hat und kann auch noch die Geschichte dahinter erzählen. «Auch die Wertschätzung und Haptik einer Schallplatte ist ganz anders. Und oft sind die Platten und Cover richtige Kunstwerke», weiss der leidenschaftliche Sammler.

Hoffentlich kein Qualitätsverlust
Dass die Schallplatte ein solches Revival erlebt, freut ihn einerseits, andererseits befürchtet er, dass die Qualität gegenüber der Quantität der Vinyl-Scheiben leiden könnte, weil nur noch wenige Hersteller überlebt haben und diese nun ihre Produktion bis an die Kapazitätsgrenzen hochfahren.
Schallplatten, CDs, Tourplakate, Autogrammkarten: Jürg Hausers Leidenschaft begann schon als Teenager. Foto: Sonja FaslerAls seine riesige Sammlung an Schallplatten, CDs, Tour- und Musikbüchern, Konzertplakaten, Autogrammen etc. zuhause in Münchwilen zu überborden drohte, ging die Suche nach einem Raum los. Auch seiner Frau zuliebe, obwohl sie seiner Leidenschaft viel Verständnis entgegenbringt. Den Wunsch nach einem eigenen Plattenladen habe er schon lange gehegt, aber noch nie den Mut dazu aufgebracht. Bis jetzt. Zwar beteiligt sich Jürg Hauser seit rund 14 Jahren an Schallplattenbörsen in der ganzen Schweiz, auch, um sich mit Gleichgesinnten zu treffen und Kontakte zu knüpfen, «kehrt aber regelmässig mit mehr Platten heim, als er mitgenommen hat», verrät seine Frau lachend. Kommt hinzu, dass die ganze Schlepperei, das Sortieren, der Transport, Auf- und Abbau ganz schön viel Aufwand bedeuten. Deshalb besucht er nur noch zwei bis drei Börsen jährlich. Trotzdem, der ganze Keller und Zimmer sind zuhause gefüllt. Und die Wände zieren seltene Sammlerstücke. «Bei uns im Flur sieht es aus wie in einem ‚Hard Rock Café’», verraten die beiden schmunzelnd. Ihm hätte eigentlich ein Ladenlokal in der Laufenburger Altstadt gefallen, doch für den hobbymässigen Betrieb wäre ihm das zu teuer gewesen. Das ehemalige Munitionsdepot am Ortsausgang von Kaisten, dass er auf ein Eigeninserat hin fand, erwies sich als gute Alternative.

Selbst Schlagzeuger
Etwa die Hälfte seiner Sammlung hat er nun dort im Keller fein säuberlich nach Alphabet geordnet aufgebaut. In der Ecke steht eine Bar mit AC/DC-Barhockern und die Wände zieren unzählige Tourplakate, spezielle Plattencovers usw. Und im Nebenraum steht sein Schlagzeug – er hat als Dreizehnjähriger angefangen zu spielen. Hier übt er mehr oder weniger regelmässig, alleine oder zusammen mit Kollegen, immerhin hat er auch schon in diversen Bands mitgespielt. Er spielte auch einige Jahre bei der Laufenburger Guggenmusik Barocker, wie seine Frau mit dem Euphonium. Nächstes Jahr werden die beiden zum Jubiläum wieder mit von der Partie sein. Ansonsten spielt er plauschhalber in einer «Vatertagsband» mit. Zusammen mit Musikerkollegen aus der Region und Deutschland ist er dann – wie es der Name schon verrät – einzig am Vatertag mit ihnen unterwegs. Gerade weil er auch selber Musik mache, habe die Wertschätzung für Musik für ihn nochmals einen anderen Stellenwert, vermutet Hauser. «Ich weiss, wieviel es braucht, ein Album aufzunehmen».

Er gibt sie nicht alle her
Auch unter den CDs gibt es Raritäten, wie beispielsweise diese Single von Europe. Foto: Sonja FaslerEs gibt natürlich auch viele Schallplatten, von denen er sich nicht trennen mag. «Zum Beispiel die erste und einzige, die mir mein Vater geschenkt hat: «Hellbound» von «Warlock» im Jahr 1985». Die signierten, die er hergibt, hat er zumeist in mehrfacher Ausführung.
Aktuelle neue Schallplatten kosten in der Regel zwischen 25 und 40 Franken. Bei Sammlerstücken wie limitierten Auflagen, Erstpressungen oder sonstigen Raritäten wird es teurer. Eine original signierte Platte von Queen steht bei ihm für 500 Franken, «in Sammlerkreisen werden die teilweise noch viel höher gehandelt».
Nicht selten wechseln Raritäten an Sammlerbörsen für mehrere hundert Franken den Besitzer. Der jeweilige Zustand der LPs und Cover ist ein wichtiger Faktor bei den Preisen. Er selbst besitzt Schallplatten ab den 70er Jahren. Die ältesten von The Beatles, Led Zeppelin oder Pink Floyd. Hauser selbst mag besonders gerne Live-LPs mit Konzertmitschnitten aus der Schweiz, beispielsweise Deep Purple live in Montreux oder Asia aus dem Z7 in Pratteln.
Vorerst immer am letzten Samstag im Monat von 11 bis 17 Uhr öffnen sie jetzt den «Orca Music Bunker». Die Öffnungszeiten werden auf der Webseite jeweils bekannt gegeben. «Orca» deshalb, weil das schon immer sein Lieblingstier war. Dass er als Schriftsetzer das Logo für seinen Laden selbst kreiert hat, versteht sich quasi von selbst.
Mit seinem «Bunker» ist er vorerst sehr zufrieden. Einrichtungsmässig gebe es noch Luft nach oben. Gerade die Plastikboxen, in denen die Platten einsortiert sind, gefallen ihm nicht sonderlich, sind aber praktisch. Aber kommt Zeit, kommt Rat. Das ehemalige Munitionsdepot hat den Vorteil, dass es schalldicht, einbruchsicher und feuerfest ist. Allerdings ist es relativ kühl, was im Sommer wiederum ein Vorteil ist. Damit die Feuchtigkeit den wertvollen Stücken nichts anhaben kann, läuft eine Entfeuchtungsanlage.
Übrigens seien es nicht nur Leute seiner Generation, die sich für Schallplatten interessierten, sondern vermehrt auch wieder 20-Jährige und sogar noch jüngere. Und da er ein grosses Netzwerk in der Sammlerszene besitzt, haben schon einige bei ihm hereingeschaut. Mit dabei ist auch immer Ehefrau Jacqueline, die sich ums Wohl des Publikums kümmert, während die «Schallplatten-Freaks» am Fachsimpeln sind. Er freue sich über alle, die kommen, auch wenn’s «nur» auf einen Kaffee sei. Er habe sich umsatzmässig überhaupt kein Ziel gesetzt und schaue der Sache entspannt entgegen, sagt Jürg Hauser. Mehr Infos unter:
www.orca-music-bunker.ch

Bilder:
- Jürg Hauser in seinem Music-Bunker mit zwei besonderen Stücken: Alben von Krokus und Queen mit den Unterschriften der Bandmitglieder. Foto: Sonja Fasler
- Schallplatten, CDs, Tourplakate, Autogrammkarten: Jürg Hausers Leidenschaft begann schon als Teenager. Foto: Sonja Fasler
- Auch unter den CDs gibt es Raritäten, wie beispielsweise diese Single von Europe. Foto: Sonja Fasler