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Frick: Bundesfeier kurzfristig abgesagt

(pd) Der Gemeinderat Frick hat sich aufgrund des unbeständigen Wetterberichts schweren Herzens dazu entschieden, auf die Durchführung der Bundesfeier 2021 zu verzichten. Dies teilt der Gemeinderat kurzfristig mit. Betriebsökonom und Unternehmensberater Hans K. Held stellt dennoch seine Festrede zur Verfügung, die er zu diesem Anlass halten wollte.

Gemeinsam zum Erfolg

Wer kennt das Jahr der Gründung der Schweiz nicht? 1291 ist eine Jahreszahl, welche alle Schülerinnen und Schüler lernen und so früh im Leben erfahren, dass sich die drei tapferen Mannen aus Uri, Schwyz und Unterwalden zum Rütlischwur zur Besieglung des Bundesbriefs getroffen hatten.Meine Gedanken zur Bundesfeier sollen aber nicht zur Geschichtslektion verkommen, doch schon die Gründung der Eidgenossenschaft zeigt auf, dass gemeinsam grosse Ziele erreicht werden können. Mit Herz, Wille und Leidenschaft kann man bekanntlich Berge versetzen. Und genau das hat die Schweizer Nationalmannschaft in diesem Jahr an der Europameisterschaft erreicht. Und dies nach einem enttäuschenden Startspiel und einer Niederlage gegen unseren Nachbarn und späteren Europameister Italien. Null Punkte gegen eine Mannschaft, gegen welche man verlieren darf – nicht aber auf diese Art und Weise – nämlich ohne unermüdlichen Einsatz und mit hängenden Köpfen. Es war am Anfang der EM keine Einheit vorhanden. Und dann das grosse Ereignis, mit welchem fast niemand mehr gerechnet hatte. Ein Sieg gegen die Franzosen – und das erst noch nach einem 1:3 Rückstand. Das Kollektiv hat gegen eine höhere fussballerische Qualität gewonnen.

Wie aber ist es möglich, dass die kleine Schweiz gegen das grosse Frankreich, immerhin den aktuellen Weltmeister, gewinnen konnte? Musste den Schweizern das Wasser bis zum Halse stehen? Was passierte zwischen dem Verspotten unserer Nationalspieler und dem heldenhaften Sieg gegen die Grande Nation? Der unbändige Wille zum Überstehen des 1/8-Finals, grosses Engagement und sicher auch eine Portion Glück haben diesen historischen Sieg ermöglicht. Und fast wäre die Reise nach einem weiteren heroischen Kampf gegen die Spanier noch weitergegangen. Die ursprünglich angeschlagenen Eidgenossen – und ich sage absichtlich Eidgenossen – auch wenn nicht alle den Schweizerpsalm beherrschen (auch ich bin übrigens froh, dass die Hymne im Programm für heute abgedruckt ist) – haben gezeigt, dass ein guter Mix an fussballerischem Können, begünstigt durch viele Spieler mit einem anderen kulturellen Hintergrund, zu grossen Erfolgen führen können. Gemeinsam ist die Schweiz stark. Gemeinsam als Team kommt der Fighter-Spirit zum Tragen.

Und gemeinsam müssen wir auch unserem Milizsystem Sorge tragen. Zwar hatte die Schweiz mehr Glück als die Deutschen beim Juli Unwetter. Doch ohne das Zusammenspiel der Hilfskräfte, sei es die Feuerwehr, der Zivilschutz, allenfalls die Armee und weiteren Gemeindebehörden könnten keine Katastrophen bewältigt werden. Und hinter diesen Organisationen stehen Menschen, Einwohnerinnen und Einwohner von Gemeinden, welche sich in einem hohen Ausmass für das Wohl der Bevölkerung gemeinsam einsetzen. Oft sind es Freiwillige und als Basis dient unser bewährtes Milizsystem. Diesem aber müssen wir, wie bereits erwähnt, Sorge tragen. Gemeinsam können wir mit unserem Engagement darauf hinwirken, dass unser Milizsystem weiterhin ein starkes Fundament bildet. Und gemeinsam müssen wir unserem Vereinsleben Sorge tragen. Mehr als 70 Vereine bereichern das gesellschaftliche Leben in Frick. Ob Musik oder Gesang, verschiedenste Sportarten, der Elternverein und der Mittagstisch, der Gewerbeverein sowie der Verschönerungsverein, die Samariter und der Naturschutz – um nur einige Vereinstätigkeiten zu erwähnen, diese Vielfallt ist enorm wichtig. Die Vereinsmitglieder verfolgen gemeinsame Ziele und bereichern das Leben in unserem Dorf. Ich durfte vor der Pandemie im OK-Ausschuss von ‘Singen macht Spass’ mitwirken – ein Projekt, bei welchem acht singende Vereine von Frick den Weg zum Singen einer breiten Bevölkerung aufzeigten und einen gemeinsamen Auftritt angestrebt hatten. Zwar mussten die gemeinsamen Konzerte der 300 Sängerinnen und Sänger wegen der Pandemie abgesagt werden, doch die vereinsübergreifende, gemeinsame Projektarbeit zeigte auch hier auf, wie wertvoll eine solche Zusammenarbeit ist. Und vor wenigen Wochen durfte ich im Quartier an einer Geburtstagsfeier teilnehmen – der Jubilar wurde 90 Jahre alt – und man spürte die grosse Freude der Musikgesellschaft, endlich wieder ein Konzert zu geben und auch die Gäste waren begeistert und konnten langersehnte Kontakte wieder einmal pflegen. Die Vereine üben also eine sehr wichtige Funktion in den Gemeinden aus und sind einer der wichtigen Faktoren für ein erfolgreiches Milizsystem. Umso wichtiger ist es, dass ein vielfältiges Vereinsleben gefördert wird. Gemeinsam können unvergessliche Momente erlebt werden und diese Erlebnisse können an einem Anlass wie diesem wieder aufleben und mit anderen geteilt werden.

Ich komme nicht darum herum, am 1. August auch etwas zu den vergangen, von COVID geprägten langen Monaten zu sagen. Ich habe mir in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage gestellt, ob der Föderalismus in der Krise steckt... Bekanntlich gehört der Föderalismus zu den Grundprinzipien unseres Staatsaufbaus und ist ebenfalls einer der Erfolgsfaktoren der Schweiz. Noch im Februar 2020 dachten viele, dass Corona weit weg ist und nur einen Monat später waren wir alle mittendrin. Der Bundesrat musste das Heft in die Hand nehmen und schwierigste Entscheidungen treffen. Entscheidungen, welche unser Leben teilweise auf den Kopf stellten. Immer wieder neue Entscheidungen, welche nicht immer nachvollzogen werden konntenund welche viele Branchen vor riesige Herausforderungen stellten. Auch die Eltern von schulpflichtigen Kindern wurden auf die Probe gestellt und Homeschooling forderte viel Engagement, was aber nicht verhindern konnte, dass die Schere in Sachen Chancengerechtigkeit auseinander ging. Während Homeoffice in vielen Branchen gut funktionierte, fragte ich mich zudem immer wieder, ob wir in Sachen Digitalisierung in der Schweiz in einem Entwicklungsland lebten.

Aber es wäre zu einfach nur zu kritisieren, denn letztendlich sind wir alle gemeinsam gefordert, das Leben in den Gemeinden positiv zu beeinflussen und weiterzuentwickeln.Gemeinsam ist dies möglich - gemeinsam sind wir stark und erfolgreich.Trotzdem, die Frage sei erlaubt: Wie sieht es mit den Machtverhältnissen in einer Krise aus? Müsste die Macht in einer Demokratie nicht jederzeit weiterhin beim Volk sein? Oder müsste man allenfalls viel mehr auf die Wissenschaft setzen? Doch auch hier wäre es zu einfach, nur dem Ruf der Wissenschaft zu folgen. Auch die Wirtschaft muss unbedingt miteinbezogen werden. Es geht hier übrigens nicht um die Frage, ob ein Menschenleben mehr oder weniger Wert sei als eine prosperierende wirtschaftliche Zukunft – natürlich soll der Schutz der Bevölkerung oberste Priorität haben. Doch auch ein Leben nach der Pandemie mit einer schwierigen wirtschaftlichenPerspektive ist eine enorme Herausforderung für die Zukunft. Ich zweifle auch nicht daran, dass die COVID Task-Force eine wichtige Rolle spielt – und doch bin ich froh, dass man den oft falschen Modellen und Szenarien nicht blind gefolgt ist. Und so bin ich letztendlich überzeugt, dass die Politik ihre Verantwortung in den meisten Fällen wahrgenommen hat, uns auf dieser schwierigen Gratwanderung zu führen und die Anliegen der verschiedensten Interessensgruppen abzuwägen.

Gemeinsam sind wir stark. Allerdings müssen wir uns nach Beendigung der Krise überlegen, was man noch besser hätte machen können. Wie sind die teilweise langen Entscheidungsfindungen und Verantwortungsschwierigkeiten besser in den Griff zu bekommen? Müssen wir allenfalls den Föderalismus in der Krise überdenken oder gar neu erfinden? Das aktuelle Krisentraining soll auf jeden Fall kritisch hinterfragt und für künftige Herausforderungen ausgefeilt werden. Auch ich habe nicht verstanden, warum Fussballplätze gesperrt wurden und warum Spielplätze offenblieben. Aber bei einem Punkt bin ich mir jetzt schon sicher: Die Schweiz hat die Krise viel besser bewältigt als in vielen umliegenden Ländern. Auch wenn wir die Krise noch nicht hinter uns haben und somit zu diesem Zeitpunkt auch kein abschliessendes Urteil abgeben können – es gab keine Ausgangssperren und die Solidarität unter der Bevölkerung war gross. Es ist zwar richtig, dass wir keinen Impfzwang haben, doch ist zu hoffen, dass die nötige Solidarität unter der Bevölkerung noch zu einer grösseren Impfbereitschaft führen wird. Die Pandemie ist nur gemeinsamzu bewältigen.

Vor lauter Pandemie sollten wir aber das Sorgetragen zu unserem Planeten nicht vergessen. Ich wundere mich immer wieder, dass es noch Leute gibt, welche den Klimawandel nicht wahrhaben wollen. Viele Studien und Gegenstudien verwirren zwar auch mich. Natürlich kann oder muss nach den Ursachen geforscht werden, doch wir alle sind schon heute gefordert, geeignete Massnahmen zu ergreifen. Gegenseitige Schuldzuteilungen helfen nicht – ob die Erderwärmung ein Langzeitphänomen ist – oder vor allem durch uns Menschen verursacht wird, ist eine Debatte, welche uns und unsere Nachkommen nicht zum Ziel führt. Wir müssen handeln und zwar jetzt. Es ist ein Fakt, dass es uns der fortschreitende Klimawandel immer schwieriger machen wird, ein weiterhin sorgenfreies Leben führen zu können. Müssen wir wirklich warten, bis die Politik Entscheidungen trifft? Können wir nicht allein unserem Einflussbereich etwas zu einer besseren Welt beitragen? Und so wiederhole ich mich: Handeln wir also jetzt. Und gleichzeitig appelliere ich auch an die politischen Parteien, vermehrt Sachpolitik und nicht Parteipolitik zu betreiben und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Gemeinsam ist das möglich.

Was wünschte sich Martin Luther King in seiner berühmten Rede? Die Gleichberechtigung aller Menschen, egal welcher Herkunft, Religion oder Hautfarbe, war sein Ziel. "I have a dream" - "ich habe einen Traum" - waren seine berühmten Worte. Und seine Worte sind aktueller denn je. Auch ich habe einen Traum – einen etwas anderen Traum, nämlich, dass sich alle politischen Parteien, egal welche politischen Ziele sie sonst verfolgen, die ganzeWissenschaft und alle Menschen zusammenraufen und echte Umweltlösungen suchen und realisieren.

Wir können uns alle glücklich schätzen, in der Schweiz zu wohnen. Es ist ein Privileg, auf einen funktionierenden Staat zählen zu dürfen, welcher auf einem breiten Milizsystem aufgebaut ist. Nehmen wir also unsere Verantwortung wahr und tragen gemeinsam zum weiteren Erfolg bei. Und vergessen wir es nicht: Gemeinsam sind wir stark.