Ein Produkt der  
Die grösste Wochenzeitung im Fricktal
fricktal info
Verlag: 
Mobus AG, 4332 Stein
  Inserate: 
Texte:
inserat@fricktal.info
redaktion@fricktal.info
Fricktalwetter
Überwiegend bewölkt
2.9 °C Luftfeuchtigkeit: 85%

Samstag
1.9 °C | 6 °C

Sonntag
1.6 °C | 5.2 °C

Martin Breitenfeldt in seiner Wahlheimat Laufenburg: „Es gibt ein Leben nach der Kirche und das lebe ich jetzt.“
Featured

Die Welt gesehen, in Laufenburg gelandet

Martin Breitenfeldt ist als Pfarrer für seine Projekte viel gereist. Für seine Zeit nach dem Arbeitsleben hat er sich mit seiner Frau Brigitte Laufenburg ausgesucht – und fühlt sich pudelwohl mit der wohldurchdachten Entscheidung.

ANDREA WORTHMANN

Martin Breitenfeldt steht am Stand des Kulturausschusses beider Laufenburg und macht Werbung für die bevorstehenden Veranstaltungen in Laufenburg an der hela. Er ist den Menschen zugewandt, offen, hier und da ein Schwätzchen und preist – je nach Menschenschlag – die passenden kulturellen Highlights an. Mit Menschen kann er, schliesslich hat er viele Jahre lange als Pfarrer gearbeitet. Seit gut einem Jahr ist er Mitglied im Kulturausschuss und verantwortlich für den Bereich «Klassik». Eine kulturelle Veranstaltung war es auch, die ihn und seine Frau Brigitte vor rund drei Jahren nach Laufenburg brachte. Damals hatte die Kultschüür seine Aufmerksamkeit erregt.

Die Kirche als Ticket zur Welt

Mit Ehefrau Brigitte, einer pensionierten Sozialpädagogin, im Urlaub an der Küste Asturiens (Spanien)Breitenfeldt wuchs im norddeutschen Bremen auf. Sein Vater war Küster. «Ich wuchs also in einem evangelischen Gemeindezentrum auf, und das in Sichtweite zum Seehafen. Wo kommen die Schiffe her? Wo fahren sie hin? Das wollte ich immer wissen. Und schliesslich war die Kirche auch mein Ticket zur Welt», sagt der 68-jährige. Bereits vor seiner Geburt machte sich das Fernweh in der Familie bemerkbar. Die Eltern flüchteten aus der damaligen DDR, und den grossen Bruder zog es als Auswanderer nach Amerika. Nach dem Abitur machte Breitenfeldt ein Praktikum in Kanada und den USA, studierte Theologie in Basel, Fresno (Kalifornien) und Tübingen. Das Vikariat absolvierte er in Bremen und Bogota (Kolumbien). Das Pfarramt hatte er anschliessend in Bremen inne.

Die Schweiz wird zur Heimat

Nach der Zeit in seiner Geburtsstadt zieht es Martin Breitenfeldt mit 40 Jahren als Dozent für Kirchengeschichte nach Santiago de Chile. Im Schlepptau zwei kleine Söhne und seine damalige Frau. 2003 folgte die Rückkehr nach Europa, in die Schweiz in die St. Galler Kantonalkirche als Ökumenereferent, dann nach Basel, Zürich und zuletzt in den Schaffhauser Klettgau nach Hallau, wo er mit Ehefrau Brigitte bis zu seiner Pensionierung im Pfarrhaus wohnte. Den Dialekt des Raumes Basel lernte er als Student. Seine damalige Freundin brachte es ihm bei. Das Ehepaar überlegte also in Richtung Ruhestand, wohin es gehen sollte. Breifenfeldt erklärt: «Meine Frau wünschte sich Gewässer und Nähe zu Deutschland, ich wollte an einen schönen Ort, wir beide wollten ein kleinstädtisches Ambiente, weil wir der Meinung sind, das ist für alternde Menschen das Beste. Und dann sollte es verkehrsgünstig gelegen und nicht zu teuer sein.» Auch Bahnanschluss und ein naher Flughafen waren den beiden wichtig, da Familienangehörige im Ausland wohnen.

Ausstellung weckte Interesse

Martin Breitenfeld fuhr zu der Zeit hin und wieder durch Laufenburg, nahm die beiden Türme und die Burg wohl wahr, war aber nie in der Stadt. Er erinnerte sich: «In einer Zeitung las ich dann von einer Bilderausstellung in der Kultschüür in Laufenburg, die mich interessierte, und so unternahmen wir einen Sonntagsausflug, um die Ausstellung zu besuchen und die Stadt anzuschauen. Wir waren dann begeistert.» Die im Vorfeld durchdachten Kriterien stimmten, der Zufall spielte ihnen auch noch eine Altstadtwohnung mit Rheinblick in die Hände, und der Entschluss war gefasst: Voilà, Laufenburg sollte die neue Heimat werden.
Wie man sich in einer neuen Umgebung integriert und Leute kennenlernt, wusste Breitenfeldt genau: «Ich habe sowohl als Gemeindepfarrer wie auch längere Zeit im Büro gearbeitet. Als Pfarrer warst du schnell bekannt wie ein bunter Hund, mit dem Bürojob war ich Mr. Nobody. Ich wusste, wenn ich Leute kennenlernen möchte, muss ich mich tummeln und etwas dafür tun.»

Kultur schafft die nötigen Verbindungen

An der hela 2025 warb der Kulturfreund für die hiesigen Veranstaltungen in Laufenburg.Naheliegend war für das Ehepaar, den kulturellen Ort aufzusuchen, mit dem alles begann. Sie besuchten oft die in der Nähe liegende Kultschüür, wurden Mitglieder und wirkten bei einem «Kästnerabend» im letzten Jahr mit. Dabei lernten sie schon einige Laufenburger kennen. Die Affinität zu Bildern hat Martin Breitenfeldt nicht nur als Betrachter, sondern auch als Kunstschaffender. Er malt Ölbilder und suchte dafür einen Arbeitsraum. So kam es, dass er sich bei anderen Laufenburger Künstlern umhörte. Der passionierte Maler fand sein Atelier schliesslich in der Nähe zu seinem neuen Daheim bei Brandenbergers in der ehemaligen «Galerie Hedra». Die entstandenen Kontakte führten ihn so auch direkt zum besagten Kulturausschuss, für dessen Veranstaltungen er bei der hela warb.
Ein Fitnessabo beim hiesigen Sportstudio brachte ihm nicht nur die nötige Fitness, sondern weitere Kontakte zu Einwohnerinnen und Einwohnern. «Hier und da kommt man ins Gespräch, und ehe man sich versieht, trifft man überall Menschen, die man kennt», sagt Breitenfeldt, und die Freude darüber ist ihm anzusehen.

Ein Stück Lebensqualität

Auch die Friedensfahne zwischen dem Bahnhof und dem Wasentor erregte Breitenfeldts Aufmerksamkeit. Er fand es gut, dass sich Menschen einmal im Monat treffen, um gemeinsam für Frieden zu demonstrieren und sich auszutauschen. Darüber wollte er mehr erfahren, und so gesellte sich einfach beim nächsten Treffen dazu. Auch dort knüpfte er Kontakte.
Für den zugezogenen Laufenburger und seine Ehefrau, eine pensionierte Sozialpädagogin, steht fest: Es ist ein Stück Lebensqualität, wenn man die Menschen um sich rum kennt. «Das Wahrnehmen und Wahrgenommenwerden führt dazu, dass man sich ein bisschen glücklicher fühlt.»

Bilder an der Kulturnacht verschenkt

In Mompox/ Kolumbien verbringt Martin Breitenfeldt Anfang November fünf kreative Wochen, um zu malen und schreiben.An der Kulturnacht hatte Martin Breitenfeldt die Möglichkeit, seine Bilder auszustellen. Sie sollen eine Geschichte erzählen oder ein Gefühl auslösen. Wem ein Bild gefiel, durfte es mitnehmen. Spenden wurden in neue Ölfarbe investiert. Die Wintermonate wird Breitenfeldt in Kolumbien und Chile verbringen. Davon wird er fünf Wochen in einer Kreativ-WG im Mompox/Kolumbien malen und schreiben, denn auch Anekdoten aus seinem Leben will er für seine Familie festhalten. Seine Frau kommt anschliessend dazu, und gemeinsam geniessen sie die Wärme Südamerikas.

Dankbar für die Kirche und den Glauben

Der pensionierte Pfarrer erklärt rückblickend: «Ich habe meinen Beruf sehr gerne gemacht, besonders die Internationalität, die es mit sich gebracht hat.» Die Verwurzelung mit der Kirche sieht er als positiv. Über die Jahre – auch mit Erfahrungen von Brüchen und Scheitern – konnte er durch das Vertrauen in den Glauben eine Resillienz entwickeln. «Für mich ist das Göttliche eine Kraft, die mir zum Überleben hilft und die mir die Lebenslust gibt, die mir die Augen öffnet und mich Abenteuer erleben lässt. Sie hat mich auch durch dunkle Phasen geführt. Das christliche Motiv ‚durch den Tod ins Leben’ habe ich oft erlebt und bin dafür dankbar.»
Im Frühjahr wollen Martin Breitenfeldt und Frau Brigitte Stadtführer respektive Stadtführerin werden. Dies möchten sie dann in englischer und spanischer Sprache anbieten. Schon jetzt ist der ehemalige Gemeindepfarrer (fast) so bekannt wie ein bunter Hund.

Bild 1: Martin Breitenfeldt in seiner Wahlheimat Laufenburg: „Es gibt ein Leben nach der Kirche und das lebe ich jetzt.“
Bild 2: Mit Ehefrau Brigitte, einer pensionierten Sozialpädagogin, im Urlaub an der Küste Asturiens (Spanien)
Bild 3: An der hela 2025 warb der Kulturfreund für die hiesigen Veranstaltungen in Laufenburg.
Bild 4: In Mompox/ Kolumbien verbringt Martin Breitenfeldt Anfang November fünf kreative Wochen, um zu malen und schreiben.
Fotos: Andrea Worthmann